Audi RS3 Sportback: Deutlich schneller als Werksangabe – (k)ein Vergleich zum Audi S3
Rund 7:40 Minuten brennt die RS 3 Limo in den Nordschleifen-Asphalt, der Sportback ist ein bisschen langsamer. Trotzdem verkörpert die Steilheck-Version für mich den RS 3 meiner Vorstellung. Und gerade in Tangorot wirkt der bislang performanteste Auswuchs der 3er-Baureihe von Audi unwiderstehlich. Angesichts seiner stolzen 80.000 Euro Testwagenpreis könnte es aber auch ein Audi S3 mit 310 PS tun – oder nicht?
Fünfzylinder ist eben doch etwas Anderes
Wir konnten den Audi RS 3 ja glücklicherweise ein Häppchen erleben: Erst bei einer Mitfahrt im getarnten Prototypen, dann im Studio und jetzt in freier Wildbahn. Hier lesen Sie die Infos über Design, Technik und Ausstattung.
Wir hatten sie (fast) alle: Ob Audi S3, Golf R, Golf GTI Clubsport, Golf GTI Clubsport 45, Honda Civic Type R, Hyundai i30N, Cupra Formentor VZ (nicht den VZ5) und weitere (Golf R Sondermodell fehlt aktuell noch) – keiner hat uns so viel Spaß im Alltag gemacht wie der Audi RS 3. Keiner sah auch nur annähernd so gut aus. Und keiner fuhr einerseits so ausgewogen und andererseits so präzise.
Daher ist es weniger ein Wunder, dass der Audi RS 3 die aktuelle Bestzeit auf der Nordschleife inne hat, sondern vielmehr das Verständnis und Können der Entwicklungsteams von Audi Sport.
Und auch wenn Golf R, S3 und Co. richtig gute Autos sind: Ein Fünfzylinder-Herz kombiniert mit der RS-typischen Abstimmung von Fahrwerk, Lenkung und Antriebssystem ist einfach eine Nummer größer. Der RS 3 hat eine um 25 Millimeter abgesenkte Karosserie als der normale A3 – und ist immer noch um 10 Millimeter tiefer als der S3.
Großer Spagat zwischen Komfort und Sport
Zwar hat der Audi RS 3 einen der kleinsten Kofferräume im Segment, trotzdem ist er flexibel einsetzbar. Fünf Personen können mitfahren, das Fahrwerk lässt sich über „Drive Select“ sehr komfortabel einstellen. Dabei sind Verbräuche von unter 7,5 Litern auf Langstrecken möglich – ohne dass man mit 80 Km/h hinter dem LKW schleichen muss. Das Aggregat ist durchaus effizient.
In 3,4 Sekunden von 0 auf 100 Km/h
Und wem dabei der Fuß einschläft kann sogar direkt auf Knopfdruck am Lenkrad einen der beiden RS-Modi anwählen und den zahmen Reisegleiter in einen dumpf-brüllenden Racer verwandeln. 400 PS zerren jetzt an allen vier Rädern und bugsieren den schnellen Kompakten im Kampfmodus in 3,4 Sekunden von 0 auf 100 Km/h (ja, das haben wir mehrmals – sogar mit nur lauwarmen Reifen – gemessen, siehe Video). Audi gibt ihn offiziell mit 3,8 Sekunden an.
Dass dabei natürlich keine 7,5 Liter mehr durch die Schläuche fließen ist auch klar. Die Dimensionen verändern sich sowohl in dieser Sache als auch in der kognitiven: Immerhin ist das „nur“ ein MQB-Golf mit Audi-Ringen?! Wer erwartet da schon 3,4 Sekunden von 0 auf 100 Km/h? Das ist so schnell wie ein neuer Porsche 911 Carrera 4 GTS! Halleluja.
Zieh-Schieb-Kurven-Künstler
Wo sind wir nur hingekommen: Ein Audi genau so schnell wie ein GTS-Elfer. Und es kommt noch schlimmer: Dieser Audi RS 3 kämpft sich sogar auf normalen Straßenreifen ähnlich zügig durch Landstraßen-Kurven wie ein Zuffenhausener.
Jedoch muss er richtig kämpfen. Nicht etwa mit seinem Gewicht – hier sind beide Fahrzeuge auf Augenhöhe, also ein 911er und ein Audi RS 3 – aber mit dem Gewichtsschwerpunkt. Der Schwerpunkt eines 911er ist bauartbedingt eben deutlich niedriger als der eines Audi A3. Aber auch die Konfiguration hinsichtlich Motor-Getriebe-Innenraum-Architektur ist beim 911er für Kurven zumindest deutlich vorteilhafter. Und hier würde der GTS davonziehen.
Dennoch: Der Audi RS 3 ist ein Meisterwerk. Für alle, die Kurvendynamik lieben, einen exakten Vorderwagen schätzen und für fünf Zylinder brennen. Die Spurverbreiterung um 33 Millimeter an der Vorderachse und um zehn Millimeter an der Hinterachse beim Sportback mitsamt verbreiterten Kotflügeln, den Schwenklagern für knapp einen Grad mehr negativen Radsturz (im Vergleich zum A3) spürt man in der Präzision. Das bringt richtig was. Auch die versteiften Querlenker, der Hilfsrahmen und Stabilisatoren tragen zu einem noch festeren Einlenken bei. Wenn man in die Kurve einlenkt, legt er sich erstmal hin wie eine dicke Bulldogge, um sich dann mit dem Hintern durch die gebogene Straße zu arbeiten. Ein Traum.
Und auch der bisherige Kritikpunkt eines RS 3, die Bremsen, sind deutlich besser geworden. Wir hatten nur die Stahlscheiben montiert und selbst die bekommt man so schnell nicht zum Faden. Freilich, es geht, aber es dauert länger als zuvor. Denn Audi hat hier – neben der Vergrößerung und Neukonstruktion der Bremsanlage – auch neue Luftleitelemente verbaut, die die Abkühlzeit der Bremsen um 20 Prozent reduzieren soll. Außerdem haben die Bremsen einen geringeren Verschleiß durch kupferfreie und um 15 Prozent vergrößerte Bremsbeläge.
Fazit zum neuen Audi RS 3
Mit dem richtigen optionalen Paket kommt ein RS 3 mit Keramikbremsen an der Vorderachse (Stahl bleibt immer hinten) und 290 Km/h Höchstgeschwindigkeit. Das ganze Paket beschleunigt dann auch noch in 3,4 Sekunden von 0 auf 100 Km/h, fährt wie ein Damastmesser durch Kurven, liebt unruhige Straßen und kann auch Großmutter zum Einkaufen überlassen werden. Und wenn man auf langen Strecken sparen will, geht auch das: 7,5 Liter Verbrauch sind nicht utopisch.
Die Frage, die sich hier stellt: Was will man mehr?