Parallel zur Diskussion um neue Mobilitätslösungen und Vernetzung kommt immer mehr der Begriff “autonomes Fahren” auf. Unweigerlich im Zusammenhang stehen damit die Einstufungen Level 0 bis Level 5. Doch was genau steht hinter diesen Definitionen? Und welche Technologien sind zwingend erforderlich, damit autonomes Fahren überhaupt funktioniert? Wir erläutern diese undurchsichtige Thematik.
Level 0 – Fahrer-fokussiertes Fahren
Bei Level 0 gibt es keine Assistenzsysteme an Bord. Der Fahrer kann sich auf nichts außer sich selbst verlassen. Das Paradigma des “Systems” heißt: rein fahrerorientiert. Auch das gibt es – zum Glück – noch, und wird es vielleicht auch in Zukunft als absolute Nische geben, siehe Audi PB18 e-tron.
Wie es sich anfühlt, mit einem Level 5 Fahrzeug im hochgeheimen Ehra-Lessien mitzufahren? Hier erfahren Sie es:
Level 1 – Assistiertes Fahren
Auf Level 1 sind die meisten Fahrzeuge heute schon. Level 1 bedeutet “assistiertes Fahren”, sprich: selbst der Tempomat, der die Geschwindigkeit hält, ist ein Assistent beim Fahren. Mittlerweile ist dieser oftmals an den Radar- und vielleicht auch Lidar-Sensor an der Nase des Fahrzeugs gekoppelt und hält dann auch automatisch den Abstand zum Vordermann. Das System dahinter heißt “Adaptive Cruise Control” (ACC) und ist ursprünglich von Bosch entwickelt. Jeder Hersteller nennt es mittlerweile anders und bringt seinen eigenen Namen mit ins Spiel.
Level 1 bedeutet also, dass der Fahrer immer das Lenkrad in der Hand halten und auf den Verkehr achten muss. Weder Teil- noch Vollautonomität beherrscht es nur ansatzweise. Doch der Fahrer führt dauerhaft Längs- oder Querführung aus, das System unterstützt bei der jeweils anderen Disziplin. Denn auch ein Spurverlassenswarner oder gar ein Spurhalteassistent kann – je nach Ausführung und Einsatzzweck – zu Level 1 gezählt werden.
Level 2 – Teilautomatisiertes Fahren
Bei diesem Level muss der Fahrer das System dauerhaft überwachen. Es kann aber – wie zum Beispiel der berühmte Autopilot von Tesla – unter besonderen Voraussetzungen (meistens auf der Autobahn) alleine geradeaus fahren und dabei der Spur folgen sowie den Abstand zum Vordermann regeln. Die Hersteller räumen meistens eine Zeit von 10 bis 15 Sekunden ein, in denen die Hände nicht am Lenkrad aktiv sein müssen. In Staus kann das Auto dann komplett übernehmen.
Voraussetzung – wie bei Level 1 auch – sind saubere Sensoren, denn schlechtes Wetter – oder beispielsweise zugeschneite Sensorik – kann die Sensorik erheblich einschränken.
Rein Technisch funktioniert es (mehr oder weniger). Doch legal ist es noch nicht:
Level 3 – Hochautomatisiertes Fahren
Bei Level 3 übernehmen die Systeme nahezu vollständig. Der Fahrer muss zwar nach wie vor rasch die Augen auf der Straßen haben können, hat aber keine Pflicht mehr, die Systeme dauerhaft zu überwachen. Theoretisch könnte der Fahrer in Level 3 Modus auf der Rückbank sitzen und Zeitung lesen. Aber nur unter der Voraussetzung, dass er nach 30 bis 40 Sekunden wieder am Steuer sitzen und in das Verkehrsgeschehen vollumfänglich eingreifen kann.
In der Praxis also nicht möglich (und absolut nicht ratsam) sich auf der Rückbank aufzuhalten. Während sich das Auto im Modus “Level 3” befindet, überholt es selbstständig und weicht Hindernissen aus. Diese Funktion wird meist um den “Baustellen-Assistenten” erweitert. So muss der Fahrer in einer Baustelle nur im Notfall eingreifen können, jedoch meistert das Auto die Durchfahrt einer Baustelle vollumfänglich.
Der Audi A8 sowie die Tesla Modelle S und X beherrschen dieses Level technisch. Freigegeben ist es aber noch von keinem Land der Welt. Bei Level 3 kann sich das Auto auch mit seiner Umwelt (auch mit anderen Fahrzeugen), also “Car-to-Car” und “Car-to-X” austauschen.
Die Hersteller geben die Marktreife bzw. die Erlaubnis durch die Behörden für die Jahre 2021/2022 an. Wichtig: für Landstraßen und Städte gilt diese Form der Automatisierung nicht. Bis das kommt, gehen noch ein paar Jahre in’s Land.
Keine Lust auf Assistenzsysteme in Zukunft? Dann hoffen wir mal auf die Serienreife des Audi PB 18 e-tron:
Level 4 – Vollautomatisiertes Fahren
Bei Level 4 kann sich der Fahrer wirklich auf die Rückbank setzen. Zwar nicht komplett von Haustür zu Haustür – und stets fahrtüchtig – aber in vielen Bereichen und im sogenannten “spezifischen Anwendungsfall” muss er nicht mehr selbst das Steuer in der Hand haben. Wann und wo und wie dieser “spezifische Anwendungsfall” zum Level 4 Modus führen soll und wird, ist noch nicht konkret definiert.
Wenn diese Abgrenzung präzise geklärt ist, zeichnet sich Level 4 dadurch aus, dass das Auto selbstständig parkt, es sich alleine auf der Landstraße – und in bestimmten städtischen Gebieten – bewegt. Es muss in der Lage sein, dem menschlichen Fahrer rund zwei Minuten im Voraus einzuräumen, das Steuer zu übernehmen. Ignoriert der Fahrer diese Warnhinweise, besitzt das System die Autorität, den Wagen in einen sicheren Zustand zu überführen – wie etwa anzuhalten.
Level 5 – Autonomes Fahren
Level 5 ist das wirkliche Autonome Fahren, dessen Komplexität oftmals leicht unterschätzt wird. Ein Fahrer wird nicht mehr benötigt – ein Lenkrad deswegen ebenso wenig. Alle Insassen – inklusive Fahrer – werden zu Passagieren. Volkswagen – zum Beispiel – hat die Funktionsweise bei der Studie ID. Crozz gezeigt. Natürlich fernab jeglicher Realität. Aber witzig, sich diese Science Fiction anzuschauen.
Und noch spannender, mit einem Konzern-Forschungsfahrzeug auf Level 5 mitzufahren. Das hat der Volkswagen Konzern im hochgeheimen Ehra-Lessien bei der autonomen Fahrt mit SEDRIC mit uns auch schon durchgeführt.
Laut PwC und Bosch kommen solche Fahrzeuge im Jahr 2030 auf die Straße. Wir – AUTOmativ – halten das für unrealistisch.
Sieht so die Zukunft aus? Volkswagen’s ID. Crozz Studie kann das Lenkrad verschwinden lassen:
Voraussetzungen für das Autonome Fahren: Car-to-Car, Car-to-X
Im Moment liegt ein Teil der großen Hürden in der Realisierung von Level 3 – und im Sprung zu Level 4. Laut Bosch und PwC soll der Sprung zu Level 5 nahtlos an Level 3 anknüpfen, Level 4 wäre dadurch überflüssig. Trotzdem muss bei diesem Grad der Automatisierung gewährleistet sein, dass Fahrzeuge mit anderen Fahrzeugen (Car-to-Car) sowie mit der Verkehrsinfrastruktur kommunizieren (Car-to-X).
Für die Kommunikation untereinander gibt es nach wie vor keinen einheitlichen Standard. Sollte dieser markenübergreifend eingeführt werden, könnte man auf das Prinzip der Schwarmintelligenz bauen, bei dem sich verschiedene Fahrzeuge gegenseitig bei Hindernissen oder ähnlichem warnen.
Und für die Kommunikation mit der Umwelt – und vor allem mit der Verkehrsinfrastruktur – muss gewährleistet sein, dass die Umgebung vollständig digitalisiert wird. Ampeln, Bahnübergänge, Busse, Straßenbahnen, Rettungsfahrzeuge; all diese Faktoren (und noch viele mehr) müssen digitalisiert werden. Das dauert noch – hier steht man noch ganz am Anfang. Kaum vorstellbar, dass dies bis zum Jahr 2025 oder gar 2030 vollumfänglich realisiert sein wird.
Technische Systeme, die das automatisierte Fahren ermöglichen
Um ein Fahrzeug sicher auf Level 1 bis irgendwann Level 5 über die Straßen dieser Erde bewegen zu können, braucht es technische Systeme, einen enormen Programmieraufwand, Kommunikation untereinander und Sensorik. Die Sensoren, die schon heute in manchen Fahrzeugen – wie zum Beispiel im BMW 7er – verbaut sind, arbeiten zusammen und gleichen sich gegenseitig ab.
Das sind zum einen die Ultraschallsensoren, die auch als “Piepser” bei Parkvorgängen zum Messen von kurzen Abständen benötigt werden. Sie sind auch beim automatisierten oder gar autonomen Fahren von besonderer Bedeutung: soll etwas das Fahrzeug selbstständig einparken oder in Baustellen agieren, muss es unweigerlich auf diese Sensoren zurückgreifen.
Ein weiteres Sensorpaket sind die Kameras. Sie dienen der Umfeldbeobachtung und sollen das menschliche Auge ersetzen. Sie sitzen vorne an der Nase des Fahrzeugs, unter den Außenspiegeln, mittig am höchsten Punkt der Frontscheibe und am Heck. So unterstützen sie die Radar-, Lidar- und Ultraschallsensoren.
Gerade schon erwähnt: Radar. Kennt man von Schiffen und Flugzeugen, aber auch Automobile haben Radarsensoren verbaut. Eng verwandt ist Radar mit dem Lidar. So ist die Technik ähnlich, nur dass Lidar auf der Lasertechnik beruht. Diese beiden Systeme gleichen sich im Idealfall ständig untereinander ab.
Nicht zuletzt benötigen Vollautonome Fahrzeuge eine hochauflösende Weltkarte. GPS ist zu ungenau und nicht mehr ausreichend. Automobile müssen sich auf Zentimeter genau bewegen können und die Sensoren mit hochauflösenden Kartendarstellungen abgleichen.
Nur mit all diesen erwähnten Systemen können Level 4 und Level 5 sicher gewährleistet werden. Und bis all diese Voraussetzungen erfüllt sind, dauert es wirklich noch lange.