Borgward vor dem Aus: Übermut kommt vor dem Fall
Während ich diese ersten Zeilen schreibe merke ich, dass wir nicht einmal eine Markenkategorie über Borgward angelegt hatten. Jetzt lohnt es sich auch nicht mehr, denn die übermütige Stuttgarter-Bremer-China-Connection steht nach wilden Zukunftsplänen, merkwürdigen Führungscharakteren und schleierhaften Produktionszahlen und -locations kurz vor dem Aus. Für einen Nachruf der zweiten (kurzen) Borgward-Periode ist es allerdings zu früh.
Mangelhafte Technik, nicht klar kommunizierte Herkunft der technischen Komponenten, merkwürdige und nicht plausible Produktions- und Verkaufszahlen und rätselhafte Vitas einiger Führungscharaktere: Das klingt schon so, als könnte dieses Unternehmen nicht lange leben.
Falsch gedacht! Durch finanzkräftige Investoren aus dem asiatischen Raum hielt sich Bordward ganz schön lang. Länger als gedacht.
Und dann war da diese ominöse Show in Genf. Am Vorabend der Pressetage, parallel zum Volkswagen Konzernabend. In einem spektakulär ausgeleuchteten Hangar.
Klar, das sollte der Big Bang werden. Mündete aber in einer unglaubwürdigen Manegenshow mit reaktivierten Karteileichen der HR-Abteilung.
Naja, und am Ende – also jetzt – stehen rund 8.700 Verkäufe in China. Wie viele wollte man in 2019 verkauft haben? Über eine Million? Und das war noch die konservativste Prognose.
Mittlerweile ist die deutsche Traditionsmarke, dessen Auto-Neuschöpfungen nie irgendetwas mit der eigentlichen Marke („Borgward Isabella“) zu tun hatten, in Besitz des Fahrdienstanbieters Ucar. Davor wurde sie von Foton geführt, der auch den Hauptsitz am Stuttgarter Hauptbahnhof finanzierte. Aber mit einem Marktanteil von mittlerweile nur noch 0,04 Prozent ist Borgward ein Exot der Automobilindustrie – und wahrscheinlich auch nicht mehr relevant für Ucar. Pagani möchte ein Exot sein, Borgward strebte nach gegenteiligem.