Die Entwicklung des Porsche 928 im Windkanal
Erstmals in der Porsche Fahrzeuggeschichte sollte Mitte der 70-er Jahre ein zweites Porsche Modell als Alternative zur Sportwagenikone 911 entstehen. Der damalige Porsche Vorstandsvorsitzende Prof. Fuhrmann (vormals Entwickler des berühmten Königswellenmotors 356) erteilte den Auftrag zur Entwicklung eines Porsche Achtzylinderfahrzeugs, das später den Namen Porsche 928 annehmen sollte und das als viersitziges Gran Tourismofahrzeug fahrleistungsmäßig alles übertreffen sollte, was es bis dahin von der Konkurrenz gab. Es war sogar kurzzeitig die Rede davon, mit dem Porsche 928 den legendären 911 abzulösen.
Ersatz für Baureihe 911, Parallelentwicklung 924
Nach den Vorstellungen von Prof. Fuhrmann sollte der Porsche 928 sogar kurzfristig den 911 ablösen. Doch das wußte die interne (und externe) 911-er Fangemeinde mit Hilfe des nachfolgenden Vorstandsvorsitzenden Peter W. Schutz zu verhindern.
Galerie: Beziehen der Konsole für den Porsche 928
Parallel zum 928 entwickelte Porsche für Volkswagen den 924 im Rahmen der Kundenentwicklung. Beide Fahrzeuge waren mit dem Transaxleprinzip konzipiert (das heute beispielsweise Mercedes-AMG bei ihrem SLS bzw. GT in aller Perfektion verwendet) – Motor vorn, Getriebe hinten, verbunden mit einer Kardanwelle. Dadurch konnten etliche Grundsatzversuche auf beide Fahrzeuge angewandt und die Kosten dafür halbiert werden.
Um die Zieldaten abzusichern, waren im frühen Stylingstadium Modell Windkanalversuche notwendig, die im bekannten Eiffel Windkanal in Paris – mit zum Teil erstaunlichen Ergebnissen – durchgeführt wurden.
Eiffel Windkanal Paris – erstmals Zusammenarbeit von Stylisten und Aerodynamikern
Bis dahin kamen Designvorgaben bei Porsche bindend vom Stylingchef. Aufgabe der Entwickler war nach seiner unnachgiebigen Forderung die Umsetzung der Designvorgaben durch die Ingenieure in machbare Technik – ohne Abstriche am Design.
Erstmals gingen wir beim 928 jedoch schon während der Modell-Stylingphase (mit dem bereits vom Designchef und dem Vorstand präferierten Modell im Maßstab 1:5) gemeinsam mit den verantwortlichen Stylisten in den bekannten Eiffel Modellwindkanal nach Paris.
Luftwiderstand an der Front und am Heck gleich
Gleich zu Beginn der Schock für uns alle: das Design erwies sich als aerodynamisch viel zu schlecht, um die geforderten (rechnerisch ermittelten) Fahrleistungen zu erreichen. Vor allem überraschte uns alle der viel zu schlechte Luftwiderstandsbeiwert.
Zusammen mit der breiteren Karosserie (gegenüber dem 911) entstand ein Luftwiderstand, der sowohl die geplante Höchstgeschwindigkeit als auch die Beschleunigungswerte nicht erreichen ließ. Alle am Modell mit Plastilin angebrachten Retuschen, die von den Stylisten noch akzeptiert wurden, ergaben keine wesentlichen Verbesserungen.
Spaßeshalber stellten wir das Modell mit dem Heck nach vorne gegen den Luftstrom – siehe da, der Luftwiderstand änderte sich nur unwesentlich!
Windkanalergebnisse mit Stylisten (noch) nicht umsetzbar
Einzig die von uns Aerodynamikern (auf Grund der kürzlich gemachten positiven Erfahrungen mit dem 911 Carrera 2.7 RS (Porsche & Ducktails vom 22. November 2015) vorgeschlagenen Aerodynamikteile (Front- und Heckspoiler) verringerten den Luftwiderstand und die Auftriebswerte des 928 wesentlich.
Aber die Stylisten wollten damals den 928 aus “einem Fluß” ohne Front- und Heckspoiler sehen – aus puristischer Designsicht absolut verständlich. Zudem war auch bei Porsche zum Teil noch vorherrschende Meinung, mit der Leistung aus dem großen 4.5 Liter 8-Zylindermotor (240 PS zu Beginn) könne alles wettgemacht werden (das Thema Benzinverbrauch hatte damals noch nicht die große Priorität).
So behielten wir Aerodynamiker unsere gut dokumentierten Windkanalergebnisse bei uns in der Schublade – mit der Gewißheit, diese bald umsetzen zu können.
Der 928 in seinem ersten Jahr (1977): zu träge, zu hoher Verbrauch
Schon kurz nach seinem Erscheinen – der 928 war von der Fachpresse grundsätzlich sehr positiv aufgenommen worden – stellten sich das zähe Hochgeschwindigkeitsverhalten in Verbindung mit der nicht den Porsche Ansprüchen genügenden Höchstgeschwindigkeit und dem relativ hohem Benzinverbrauch als eher großes Hemmnis für die Akzeptanz des 928 heraus. Kurz: die von Porsche gewohnte Spritzigkeit fehlte.
Porsche reagiert rasch mit erfolgreicher Modellpflege
Glücklicherweise waren unsere aerodynamisch sehr wirksamen Anbauteile gut dokumentiert. Wegen des entstandenen Drucks durch die Fachpresse und durch die Kunden, wurden im Design-Studio Front- und Heckspoiler modelliert, die sich erstaunlich gut in das Design des 928 integrierten.
So entstand rasch der 928S mit so deutlich verbesserten Fahrleistungen und geringerem Benzinverbrauch (trotz einer ersten damit verbundenen Leistungserhöhung von 240 auf 300 PS), der so wesentliche Fahrleistungsverbesserungen aufwies, daß der 928S rasch zum Erfolgsmodell in der Klasse der Gran Tourismofahrzeuge aufstieg.
Im Zuge weiterer Modellpflegemaßnamen wurden sowohl Front als auch Heckspoiler stetig weiter entwickelt. Höhepunkt mit in Wagenfarbe lackiertem Heckspoiler in Verbindung mit verbreiterten Kotflügeln hinten und damit breiteren Rädern (alles zunächst von Porsche Exclusive) war schließlich das Spitzenmodell 928 GTS (5.4 Liter, 350 PS) von 1992 – 1995. Heute ist dieses Fahrzeug ein begehrtes Sammlerstück.