Achtung Wanderdünen! Porsche 924 und 928 Erprobung (3/3)
(Teil 3/3) Die Erprobungsfahrt in der Hitze der algerischen Sahara im Jahr 1974 mit den Prototypen Porsche 924 und Porsche 928 (Porsche & Ducktails vom 6. Dezember und 8. Dezember 2015) barg auch nicht ungefährliche Risiken – Hitze und Sand-Wanderdünen bereiteten nicht nur den Fahrzeugen teils heftige Probleme.
„Freiwillige“ Mehrleistung..
Die Vorgaben von Helmuth Bott waren rigoros. Jeden Tag war eine vorher genau festgelegte Strecke an Kilometern zu fahren, die sich aus der vorgegebenen Gesamterprobungsstrecke und der Anzahl unserer Erprobungstage ergab. Daran war nicht zu rütteln.
Einmal kamen wir bereits gegen 16 Uhr ins Hotel zurück – völlig ausgelaugt von der wegen der fast unsäglichen Hitze anstrengenden Fahrt. Der (real vorhandene) wunderschöne Hotelpool im Freien kam uns in dem Moment vor wie eine Fata Morgana. Diesen Pool schon im sehnsüchtigen Blick, kam uns Bott zuvor mit dem Satz: wir brauchen heute noch 400 km – wer meldet sich „freiwillig“?
Das war eindeutig. Wir brauchten dafür aber nur je 1 Fahrer für jedes Fahrzeug. Da wir in allem ein starkes Team waren – vom Vorstand bis zum Werkstattmitarbeiter war kein Unterschied zu erkennen – stand die kleine Truppe rasch bereit. Schnell hatten wir uns ausreichend mit Flüssigkeit versorgt und nahmen die 200 km lange Vollgasstrecke hinein in die Wüste in Angriff. Nach exakt 200 km wurde gewendet – und sofort ging es mit Vollgas wieder zurück. Der Pool – noch nie hatten wir solche Sehnsucht danach – winkte!
Fast unerträgliche Hitze
Allen war klar, daß neben ein paar belegten Broten und Obst ausreichende Mineralwasserzufuhr DAS Wichtigste zum gesunden Überleben war. Einer unserer Ingenieure hielt sich einen Tag daran nicht ausreichend – mit dem Ergebnis eines ernsthaften Schwächeanfalls. Es blieb uns nichts anderes übrig, als ihn sofort mehr oder minder freiwillig (also real zunächst absolut gegen seinen Willen) mit viel Mineralwasser und reichlich Kochsalz zu versorgen. Die Wirkung war frappierend – und wir alle waren mit ihm zusammen froh, als sein Gesicht wieder Farbe bekam.
Im Lauf des Tages stiegen die Fahrzeuginnenraumtemperaturen dermaßen an, daß wir – wenn wir während des Fahrens (Pausen waren nur äußerst selten vorgesehen) zur Mineralwasserflasche griffen, um direkt daraus zu trinken, erstmal eine Minute lang mit der Hand den Flaschenhals „abkühlen“ mußten, um uns die Lippen nicht zu verbrennen. Wie dieses Wasser dann „schmeckte“, kann man sich vorstellen.. aber man gewöhnte sich auch daran sehr rasch. Der Vorfall mit unserem Ingenieur war uns Warnung genug.
Kritische Sanddünen
Helmuth Bott und ich fuhren wieder im 924, hinter uns Peter Falk mit dem 911, dahinter der Rest der Meute. Weit vor uns am Horizont sahen wir eine schwarze Rauchwolke. Unsere Vermutung – ein großer Diesel Truck uns voraus – bestätigte sich langsam. Man vertut sich in der Wüste leicht mit Entfernungsschätzungen. Beide Fahrzeuge fuhren Vollgas.
Als wir etwa 50 Meter hinter dem Truck waren, zog Bott nach links, um zu überholen. Direkt neben dem Truck – ich schaute aus dem niedrigen Sportwagen zum hoch schräg über mir liegenden Fahrerhaus des Trucks und fixierte den Fahrer, der ohne sichtliche Regung nur drauf hielt – dann ein kurzer Ausruf von Bott: („FESTHALTEN!“). Unmittelbar vor uns erschien auf der linken Straßenseite eine der gefürchteten Sand Wanderdünen. 3 Mal hinein.. 3 Mal abheben und mit der schönen Schnauze des 924 in den Boden.. beim 3. Mal steckten wir im Sand fest. Kurze Frage von Bott: geht’s gut? Ich nickte.
Der Schreck war mir anzusehen, aber die Sicherheitsgurte hatten uns wunderbar gehalten. Der Fahrer des Trucks hielt weiter seine Spur mit Vollgas. Keine Regung. Kein langsamer werden. Unbeirrt fuhr er mit seiner Ladung weiter durch die Wüste. Für ihn gab es keinen Grund, seine Fahrt zu unterbrechen. Sofort war Peter Falk mit seinem Beifahrer bei uns. Erleichterung, als er sah, daß wir wohlauf waren.
Wir inspizierten zusammen den verunfallten 924 Prototypen. Die Front war eingedrückt. Die beiden Kühler (Kühlwasser und Klimaflüssigkeit) waren beschädigt. Kühlwasser und Klimaflüssigkeit waren ausgelaufen. Ein Weiterfahren aus eigener Kraft war somit unmöglich. Aber aufatmen – das Fahrwerk ließ ein Abschleppen zum vereinbarten Treffpunkt mit unserem Reparatur-LKW zu.
Sofort machten sich die Mechaniker über den 924 her. Ein Ersatzwasserkühler gehörte zum Ersatzteilbedarf. Der Vorderwagen wurde wieder auseinandergezogen, der neue Wasserkühler rasch eingebaut. Lediglich der dahinter liegende, defekte Klimakondensator konnte nicht ersetzt werden. Somit fehlte uns für den Rest der Erprobung die komfortable Klimaanlage.
Weiterfahrt mit den Porsche 924 und 928 Prototypen
Die Mechaniker machten einen Superjob. Nach nicht einmal zwei Stunden konnten wir mit dem reparierten 924 die Erprobungsfahrt wieder aufnehmen. Am späten Nachmittag sahen Bott und ich wieder die uns bekannte schwarze Rauchwolke am Horizont..
Als wir „unseren‘ Truck vom Vormittag – diesmal ohne Probleme – mit Höchstgeschwindigkeit passierten, ließ der Fahrer seine überdimensionierte Sirene 3 Mal kräftig ertönen. Seine gleichzeitig aus dem Seitenfenster mit Daumen nach oben gestreckte Hand zeigte uns seine wohl ehrlich gemeinte, faire Anerkennung.