Exklusives Einzelstück: „Dieser Porsche 911 Carrera 3.2 war die Inspiration für Porsche Exclusive!“
Einen exklusiven Porsche noch exklusiver machen ist verrückt? Nein, das ist Passion. Was Porsche Exclusive heute macht, findet seinen Ursprung in meinen exklusiven Einzelstücken lange vor der offiziellen Gründung der Abteilung „Sonderwunschprogramm“ im Jahr 1986. Ein ganz besonderes Einzelstück war dabei mein 84er 911 Carrera 3.2, der letztes Jahr wieder aufgetaucht ist und auf den ich jetzt, vor dem Porsche Museum, wieder getroffen bin.
Exklusiv und individuell – ohne Limit
Schon während meiner Zeit als junger Entwicklungsingenieur bei Porsche (Anfang der 70er Jahre unmittelbar im Anschluß an mein Maschinenbau/Luftfahrttechnik-Studium als Dipl.-Ing.) bin ich meinem Hang nach Fahrzeug-Individualisierung – den ich bereits als Student mit meinen beiden FIAT 850 Coupé Fahrzeugen entdeckt und ‚befriedigt‘ hatte – auch bei meinem allerersten eigenen Porsche – einem 914 – im Rahmen der damals für mich noch eher bescheidenen Möglichkeiten gefolgt.
So hatte ich das äußere Erscheinungsbild des gelben 914 durch Lackierung des serienmäßig mattschwarzen Daches in Wagenfarbe (Hochglanz) sowie des Überrollbügels (ebenfalls in Außenfarbe durch Entfernen der dort serienmäßig verbauten, schwarz genarbten Folie) und zusätzlich durch Lackierung des Felgensterns der geschmiedeten Alufelgen in Wagenfarbe optisch vom Serienfahrzeug abgesetzt und damit das Gesamterscheinungsbild bereits deutlich verändert. Dieser 914 fiel einfach auf.
Bereits mein nächstes eigenes Fahrzeug war dann ein (zitronengelber) 911 Carrera, den ich damals noch als ‚Versuchsfahrzeug‘ der Entwicklung zu Sonderkonditionen für Porsche Entwicklungs-Mitarbeiter erwerben konnte. Nicht nur ließ ich das Fahrzeug bei einem befreundeten Lackierbetrieb in meiner damaligen Wunschfarbe Silber umlackieren – auch das Interieur gestaltete ich in Wochenendarbeit mit Hilfe eines erfahrenen Porsche Sattlers farblich und materialmäßig (komplett in rot!) völlig um.
Hinzu ließ ich die hinteren Kotflügel-Verbreiterungen einschweißen, die mir erlaubten, das Fahrzeug damals bereits mit 8×15″ Felgen (statt der 7×15″) an der Hinterachse auszustatten. Was war ich stolz auf diesen – meinen allerersten – eigenen Elfer – ich hatte den Einstieg in die Porsche-Fahrzeugwelt geschafft und das mit einem 911, der sich bereits von den meisten Serienfahrzeugen deutlich unterschied.
Meine Zeit als Assistent des Vorstands-Vorsitzenden
Anfang 1980 wurde ich – nach 10 Jahren als Entwicklungsingenieur überwiegend im Entwicklungszentrum Weissach – zum Assistenten des damaligen Vorstands-Vorsitzenden, Prof. Fuhrmann, berufen. Diese Aufgabe reizte mich sehr – versprach sie doch grundsätzlich einen größeren Einfluss auf die strategischen Entscheidungen von Porsche in Zusammenarbeit mit dem Vorsitzenden ausüben zu können.
Mein erstes Fahrzeug in meiner neuen Funktion war damals bereits ein 911 Turbo 3,3 Liter, lackiert in der bis dahin noch kaum bekannten Farbe Perlweiß Metallic, mit blauem Ganzleder-Interieur. Ich hatte das Glück, dass der Vorstand für Produktion ein Porsche-eigenes Fahrzeug suchte, an dem die Lackiererei mit dieser äußerst schwierigen Lackierung ‚üben‘ konnte (vor allem das Nachlackieren bereitete damals größte Probleme, um keine Farbunterschiede sichtbar werden zu lassen).
Bald war ich aufgrund vertraglicher Regelungen ‚Dienstwagen-berechtigt‘. Ich hatte meinen letzten privat erworbenen 911er verkauft (damals ein durchaus profitables Geschäft mit Porsche Jahreswagen, das für mich besonders profitabel war, weil ich von der Ausstattung her bereits stark individuelle Fahrzeuge bestellt hatte, für die ich stets DEN speziellen Käufer fand, der genau solch ein besonderes Fahrzeug für sich oder auch für seine Frau suchte und ich damit meinen Preis leichter durchsetzen konnte. Und das, auch wenn manch‘ Kollege mit großem Bedauern meinte, „der Neue“ sei ja nun sehr gewagt und würde wohl nur mit Abschlag weiter zu verkaufen sein. Tja, in diesem Fall: Keine Ahnung von Stil (darf ich jetzt, heute, sagen ;-))
Individualisierung von Porsche Fahrzeugen unter Peter W. Schutz
Bereits zum 1. Januar 1981 folgte der Deutsch-Amerikaner Peter W. Schutz Prof. Fuhrmann als Vorsitzender des Vorstands der Porsche AG nach. Zu meiner großen Überraschung und Freude übernahm Schutz mich als seinen Assistenten. Und Schutz war neuen Ideen gegenüber immer extrem aufgeschlossen – wir verstanden uns auf Anhieb.
Schutz erkannte in unseren gemeinsamen, teil sehr intensiven Gesprächen – wenn ich ihm Ideen mit stärkerer Individualisierung von Porsche Fahrzeugen unterbreitete, die es ja bereits in Ansätzen über das Porsche Kundenzentrum als Einzelangebote gab – das noch längst nicht ausgeschöpfte Potential, um den Porsche Kunden deutlich individuellere Fahrzeuge anbieten zu können.
Gleich zu Beginn seiner Porsche-Zeit überließ mir Schutz die reizvolle Aufgabe, seine Dienstfahrzeuge in Zusammenarbeit mit dem Designstudio möglichst individuell bezüglich Außenfarben und dazu passendem Interieur zu gestalten.
Intensive Kontakte zu Style Porsche
Bereits in Weissach hatte ich wegen meiner speziellen Neigungen zur Fahrzeug-Individualisierung intensive Kontakte ins Design Studio – sowohl Exterieur als auch Interieur – geknüpft. Bereitwillig zeigten mir die beiden für Interieurentwicklung (Materialien, Farben) zuständigen Damen zahlreiche Vorschläge, die sie bereits ausgearbeitet hatten – aber die vorerst keine Chance auf Verwirklichung an Serienfahrzeugen hatten.
Aus meiner Entwicklungszeit in Weissach kannte ich den Studio-Ingenieur Reinhold Schreiber sehr gut – wir hatten schon damals immer wieder eigene Ideen zur Individualisierung unserer Porsche Fahrzeuge entwickelt und umgesetzt.
Reinhold war vom damaligen Leiter des Designstudios (Toni Lapine) als Verbindungs-Ingenieur zwischen Studio und den Entwicklungsingenieuren eingesetzt worden, um zu starke Abweichungen zwischen den (manchmal phantasiereichen und technisch eher nicht zu realisierenden) Designvorstellungen und deren technisch und gesetzlich möglicher Umsetzung zu „korrigieren“ und einer gemeinsamen Lösung näher zu bringen. Oftmals gehörte dazu viel Einfühlungsvermögen, die Designer zu überzeugen, daß ihr Design gewisse Überarbeitungen brauchte, um realisiert werden zu können.
Die Idee eines absoluten 911 Unikats
Zu Reinholds Bereich gehörten auch die beiden für Farben bzw. Material (Interieur) zuständigen Mitarbeiterinnen im Design-Studio, die stets auch progressive Ideen zu diesen Themen entwickelten. Da ein beträchtlicher Teil dieser Ideen für die Serienfarben und -ausstattungen eher keine Verwendung fanden, war das Engagement dieser Studiomitarbeiter bei der Ideenfindung für Dienstfahrzeuge aus dem Vorstandsbereich – wo sich individuelle Wünsche eher umsetzen ließen – naturgemäß besonders groß.
Um die Verbindung zwischen Außen und Innen zu betonen, hatten wir die Idee, die ‚Lichtkanten‘ des 911ers (das sind die Linien auf gewölbten Oberflächen, die sich im Licht wie Kanten ’spiegeln‘ – wie zum Beispiel auf dem vorderen Kotflügel oben) in verlaufendem Türkis einzulackieren (anhand eines ‚Vorläuferfahrzeugs‘ hierzu hatte das Studio diese Technik bereits einmal ausprobiert – nur war dieses Fahrzeug in Außenlackierung braun mit goldfarbenen Lichtkanten noch nicht soo extrem auf zwei Farben insgesamt reduziert gewesen). Hinzu waren die beiden Farben ‚dunkelblaumetallic‘ und ‚türkis‘ aus damaliger Sicht deutlich provokanter ausgewählt.
Wir vier verstanden uns sehr gut – es machte einfach Spaß, uns an solchen Dienstwagen ein bisschen auszutoben und auch verrücktere Ideen umsetzen zu können. So entstand rasch die Idee, gemeinsam ein ‚extremeres‘, ein absolutes 911 Unikat zu entwickeln und zu bauen. Unsere Idee war, einen Elfer völlig konsequent in nur 2 Farben zu realisieren: als Außenfarbe wählten wir ein tiefes dunkelblaumetallic; das Interieur sollte von ‚oben bis unten‘ komplett türkisfarben sein.
Rasch war die Idee geboren, dieses Unikat als mein nächstes Dienstfahrzeug zu realisieren. Ich war mir sicher, hierzu die Zustimmung meines Chefs zu erhalten. Und so war es auch – Peter W. Schutz war begeistert von unserem Vorschlag und erteilte uns die Genehmigung, meinen nächsten 911 Carrera 3,2 Dienstwagen in der vorgeschlagenen Form zu realisieren.
Die Umsetzung
Die aufwändigen Lackierarbeiten paßten bei Porsche nicht in den Fertigungsprozeß. In Absprache mit dem Produktions-Vorstand ließen wir die grundierte Karosserie aus der Fertigung aussteuern und brachten sie in einem geschlossenen Kastenwagen zu einem mir bekannten Lackierbetrieb in meiner Heimatstadt Bietigheim. Der Chef versprach, uns seinen besten Lackiermeister zur Verfügung zu stellen. Reinhold und ich standen dann gemeinsam mit dem Meister in der Lackierkabine und gaben ihm detaillierte Anweisungen, wo er nach dem Auftragen der Grundfarbe ‚dunkelblau-metallic‘ in die nach kurzer Zeit leicht angetrocknete Farbe die ‚Highlight‘ türkisfarbenen Lichtkanten – sanft seitlich auslaufend – freihändig aufzubringen hatte.
Nach dem erfolgreichen Einspritzen der türkisfarbenen Lichtkanten mußte der Metalliclack wieder leicht antrocknen – danach erfolgte die ‚Versiegelung‘ der ganzen Außenhaut des Elfers mit dem hochglänzenden Klarlack. Nach zwei Tagen Trocknung wurde die Karosserie wieder ans Band transportiert und in die Montage eingesteuert. Inzwischen waren sämtliche in einem Sonderprozeß bestellten Interieurteile (ausnahmslos in der Farbe helltürkis!) die von zahlreichen Serienlieferanten sowie Sonder-Lieferanten produziert waren im Lager eingetroffen.
Die Problematik lag vor allem in der farblich einwandfreien Abstimmung der Lederteile mit verschiedenen lackierten Kunststoffteilen sowie mit dem Veloursteppich im gesamten Fußraum sowie Kofferraum. Sämtliche mit ‚geschärftem‘ Leder (fast papierdünnem Leder) verkleidete Kunststoffteile (wie Verriegelungsrad an den Türen, Luftdüsen, Dreh- und Drückschalter etc. wurden von der Fa. SC Schäfer aus Würzburg gefertigt, die schon damals über das einzigartige Fertigungs-Know-How für derart individuellen Extremanfertigungen verfügte.
Wir hatten die damals modernsten RECARO Sportsitze – natürlich ebenfalls komplett in türkisfarbenem Leder – vorgesehen. Die Seitenwangen ließen sich per Luft aufblasen – der Sitz war vollelektrisch. Das war das Non plus Ultra von RECARO!
Beim Verladen des Carrera 3.2 klang er noch genau so wie am ersten Tag:
Die erste längere Fahrt mit meinem Porsche 911 Carrera 3.2
Ich werde nie unsere erste längere Fahrt mit diesem Unikat-Elfer vergessen: am Grenzübergang Füssen stauten sich die Fahrzeuge wegen Urlaubsverkehr in beiden Richtungen, es ging nur schrittweise vorwärts. Vor allem die uns entgegenkommenden Fahrzeuginsassen starrten unseren Elfer an, als wäre er ein leibhaftiges UFO.
Das türkisfarbene Interieur leuchtete in der Sonne wie verrückt – es stach aus dem dunkelblauen Blau der Karosserie so stark hervor, daß der Elfer einfach sämtliche Blicke auf sich zog. Wir brauchten wirklich einige Zeit, bis wir uns daran gewöhnt hatten – das hatte es bislang noch nicht gegeben.
Technische Daten auf einen Blick
Porsche 911 Carrera 3.2 | |
Motor | Sechszylinder-Boxer |
Hubraum | 3.164 cm3 |
Bohrung x Hub | 95 x 74,4 mm |
Verdichtung | 10,3:1 |
Maximale Leistung | 170 kW (231 PS) |
Kraftübertragung | 5-Gang-Schaltgetriebe mit Sperrdifferenzial |
Leergewicht | 1.210 kg |