Fahrbericht Audi S3 (310 PS): Der Golf R von Audi?
Auch ich ertappe mich manchmal bei dem Gedanken: “Ah, wieder MQB – ist ja alles derselbe Brei.” Aber dass das nicht immer so ist, beweist der neue Audi S3. Vor allem, wenn man das engste Referenzprodukt, den Golf 8 R gegenüberstellt. Beide teilen sich zwar den Aufbau des Chassis, zahlreiche Komponenten, den vorne quer eingebauten Motor (EA888 mit 2.0 Litern Hubraum) und weitere Komponenten der Elektronik-Architektur. Aber sie sind trotzdem unterschiedlich ausgeführt. Es gibt eine starke Differenzierung im Interieur, in der Ausstattung und in der Fahrdynamik. Auch, weil Audi noch den RS 3 in Petto hat, bei Volkswagen ist mit dem Golf R vorerst Schluss im Performance-Line-Up. Wir finden die verschiedenen Merkmale und Unterschiede heraus, konzentrieren uns aber auf den Audi S3, denn den Golf 8 R hatten wir schon im Fahrbericht.
Audi S3: Der ruhige Performer
Man fühlt sich wohl an Bord des S3, keine Frage. Ich sitze in der von Audi selbst als “Edition One” ausgezeichnete Markteinführung-Version des S3 mit gelben Ziernähten und feinem Rautensteppmuster auf den Ledersitzen.
Galerie: Audi S3 - Details
Wenn man den neuen Audi S3 dem neuen Golf R gegenüberstellt, entdeckt man einige Parallelen - klar. Beim Soundcheck überzeugen beide, der Golf R ist mit seiner optionalen Akrapovic Abgasanlage nur deutlich mehr auf Krawall gebürstet als der Audi S3. Letzterer klingt sanfter und bolliger.
Ohne Frage teuer mit einem Preis von rund 65.000 Euro. Zu teuer, unsere Konfiguration weiter unten zeigt, dass es auch deutlich günstiger geht.
Allgemein ist er ein Gran Turismo der Kompaktklasse: Mit 310 PS Leistung satt, Allradantrieb und eine sportliche Abstimmung des Fahrwerks.
Aber er ist deutlich ruhiger und weniger krawallig als der Golf 8 R. Und das ist auch gut so, denn für letzteres gibt es ja dann bald noch den Audi RS 3. Sportlich und präzise fährt er mit seinem Haldex-System dennoch.
Haldex-System grundlegend anders
Das Prinzip der von Audi sehr bekannten Haldex-Architektur funktioniert gut. Auch wenn es sich grundlegend von der Antriebssteuerung des Golf 8 R unterscheidet: Erst wenn der Grip an der Vorderachse abzureißen droht, schaltet sich die Hinterachse mit mehr Power dazu. Und das merkt man in schnell gefahrenen Kurven: Er schiebt deutlich weniger das Heck nach zum Kurvenäußeren, sondern zieht den Vorderwagen eher aus der Kurve.
Das ist weder schlechter noch besser, aber sportlicher und schneller für den Track ist das System des Torque Vectorings mit den zwei separaten Kupplungen an der Hinterachse – wie beim neuen Golf R. Damit sind andere Anstellwinkel in Kurven möglich. Und am Ende ist das auf der Rennstrecke schneller (und macht deutlich mehr Spaß, weil fahraktiver).
Dennoch bleibt der Audi S3 in Kurven im harmonischen Gleichgewicht. Seine Achslastverteilung ist exzellent – und auch er schiebt kaum über die Vorderachse. Nur das “Eindrehen” in Kurven fehlt ihm eben ein bisschen.
Ausstattung Testwagen Audi S3
Der Basispreis des Audi S3 beträgt 48.000 Euro. Unser Testwagen war der Audi S3 “Edition One” für rund 65.000 Euro, eine spezielle Markteinführungsversion mit Optionen von der Veredelungs-Abteilung “Audi Exclusive”.
Da diese Version nicht mehr im Konfigurator ist, haben wir die Ausstattungsliste nachkonfiguriert – nach bestem Wissen und Gewissen. Unser Testwagen hatte folgende optionale Ausstattung im Wert von 13.569,99 Euro:
- 4-Wege-Lendenwirbelstütze für die Vordersitze (270 Euro)
- Außenlackierung: Pythongelb Metallic (700 Euro)
- Bang & Olufsen Premium Sound System mit 3D-Klang (790 Euro)
- Rücksitzlehne, geteilt umklappbar (200,00 Euro)
- Dachreling in Schwarz (230,00 Euro)
- Ambiente-Lichtpaket plus (280,00 Euro)
- Leichtmetallräder, 5-Y-Arm-Struktur-Design, titangrau matt, glanzgedreht, 8 J x 19, Reifen 235/35 R 19, Audi Sport GmbH (Testwagen hatte Winterräder montiert) (1.799,99 Euro)
- 3-Zonen-Komfortklimaautomatik (300,00 Euro)
- LTE-Unterstützung für Audi phone box (0,00 Euro)
- Sitzheizung für die Vordersitze (340,00 Euro)
- Head-up Display (800,00 Euro)
- Leder Feinnappa mit S-Prägung, Sitzbezug: schwarz-schwarz-expressrot, Armaturentafel: schwarz-schwarz, Teppich: schwarz, Himmel: stahlgrau (Testwagen hatte gelbe Nähte in Rauten-Steppmuster von Audi Exclusive (1.300,00 Euro)
- Frontscheibe in Wärmeschutzverglasung (0,00 Euro)
- Dachhimmel in Stoff (0,00 Euro)
- Innenspiegel automatisch abblendend, rahmenlos (160,00 Euro)
- Assistenzpaket mit MMI Navigation plus mit MMI touch (2.880,00 Euro)
- Businesspaket (1.030,00 Euro)
- Adaptives Fahrwerk mit Audi drive select (760,00 Euro)
- Spurwechselwarnung mit Ausstiegswarnung und Querverkehrsassistent hinten (530,00 Euro)
- Optikpaket schwarz (500,00 Euro)
- Matrix-LED-Scheinwerfer, LED-Heckleuchten und Scheinwerfer-Reinigungsanlage (700,00 Euro)
Der Gesamtpreis beläuft sich mit diesen Optionen auf 61.569,99 Euro. Ein schon gut und schön ausgestatteter Audi S3 fängt bei rund 55.000 Euro an.
Audi-Code: A4T3U6BY
Fazit zum Audi S3 (2021)
Der Audi S3 ist der souveräne Sportler mit qualitativ hohem Anspruch – sofern man ein paar Extra-Optionen anwählt. Er fährt sich souverän, verzichtet aber auf komplexe Antriebstechnik wie beispielsweise einen Torque Splitter an der Hinterachse und radikale Komponenten wie beispielsweise eine Titan-Abgasanlage. Verständlich: Denn es soll ja noch ausreichend Luft nach oben zum bald kommenden RS 3 bleiben.
Der Verbrauch pendelte sich bei sehr sportlicher Fahrweise (StVO-konform) vorrangig Überland und Autobahn bei 12,2 Liter/100 Km ein. Bei normaler Fahrweise und dem Stadt-Land-Überland-Mix sind 8 Liter locker drin.
Bewertung Audi S3 (2021) | ||
Optischer Eindruck | +++++ | Performante Optik, schöner Heckabschluss mit zurückhaltenden Endrohren |
Qualität Karosserie | +++++ | Sehr gute Verarbeitung, gleichmäßige Spaltmaße |
Lackqualität Karosserie | +++++ | Kaum Orangenhaut, sehr gute Lackqualität |
Qualität im Interieur | ++++ | Verarbeitung gut, meist hochwertige Materialien (vor allem das Dekor in der Armaturentafel (!!!), Design und Materialität Mittelkonsole nicht gut gelöst |
Sitzkomfort Cockpit | +++++ | Sportliche Sitzposition, integrierte Sportsitze, hoher Komfort bei gleichzeitig hoher Sportlichkeit, übersichtlich |
Sitzkomfort Fonds | +++ | Ausreichend Platz im Fond |
Digitales Bedienkonzept | ++++ | Gute Bedienbarkeit, tolle Optik, keine Aussetzer oder Ruckler |
Raumangebot (bezogen auf das Segment) | ++++ | Gutes Raumgefühl, aber nicht überdurchschnittlich |
Innenraumgeräusch / Dämmung | ++++ | Geringe Abroll- und Windgeräusche, sehr ruhiges Interieur (bis auf leicht bollernden Sound) |
Lenkung | ++++ | Präzise Lenkung, sportlicher Widerstand, könnte im Sport-Modus noch größer sein |
Spurtreue | +++++ | Geradeauslauf bis 250 Km/h wie auf Schienen |
Fahrwerk | +++++ | Mit optionalem DCC stufenlose Anpassung des Fahrwerks, perfekt harmonisierte Rückmeldung der Straßenbeschaffenheit |
Motor | +++++ | Lineare Leistungsentfaltung, angenehme Dosierung, satter Klang im Interieur – von außen leichter “Nähmaschinen-Klang” |
Getriebeabstimmung | ++++ | Zu kurz übersetzter erster Gang, sonst sehr harmonisch |
Innovation | +++ | Kein Quanten-Sprung in der Entwicklungsgeschichte |
Preis | +++ | Günstig im Grundpreis, teils faire aber lange Optionsliste |
Gesamteindruck | +++++ | |
+++++ = Maximum |