Fahrbericht Cadillac XT5: Neuer alter SRX zeigt noch mehr Kante
Cadillac ist in Deutschland bzw. Europa eigentlich kaum existent. Die Marke ist bekannt, die Fahrzeuge eher wenig bis überhaupt nicht vertreten. Das soll sich ändern: bis 2020 will Cadillac in Deutschland jährlich 10.000 Neuzulassungen verbuchen – am SUV-Markt kommt man mit diesen Ambitionen nicht vorbei. Der neue Cadillac XT5 ist eine Mischung aus BMW X5 und Mercedes GLE in einer US-amerikanischen Interpretation, schärfere Linien und eine ganz neue Identität sollen Kunden jetzt überzeugen. Wir fuhren – neben der Limousine CT6 – den Aufsteiger durch Berlin und sogar in die Kulisse des BER Tragödien-Flughafens.
Neue Plattform mit weniger Gewicht
Dabei ist der XT5 nur der Anfang: weitere drei neue Crossover-Modelle sollen folgen (Cadillac betitelt den XT5 auch als Crossover, weil jener anscheinend eine Art Urban-City-Sport-Lifestyle-Van-SUV ist – oder irgendetwas dazwischen. Auch wenn Hersteller gerne zu ihren Fahrzeugen „Crossover“ sagen, weil das gerade voll in und hip ist – alles muss „Crossover“ sein, betiteln wir ihn aber weiterhin als SUV, denn nichts anderes ist er).
Der neue Cadillac XT5 ist der Nachfolger des SRX – bekannt aus US-amerikanischen Serien und Kinofilmen. Unter der neuen Karosserie, die insgesamt schärfer gezeichnet und mit einigen Falten im Blech ausgestattet wurde, ruht ein neu entwickeltes Chassis und eine modernisierte Antriebsplattform, die auf einem Vorderrad-Konzept aufbaut, aber nach wie vor über eine Kupplung an der Hinterachse mit zuschaltbarem Allradantrieb arbeitet.
Die Cadillac-Ingenieure sparten damit gegenüber dem Vorgänger 68 Kilogramm Gewicht ein. Das ist nicht spektakulär, jedoch positiv zu erwähnen. 68 Kilogramm Ersparnis bei mehr Elektronik, mehr Komfort und mehr Assistenzsystemen, ist eine Menge.
Cadillac XT5 mit überraschend guter Qualität und Verarbeitung
Ein schönes amerikanisches Interieur“ – diese Aussage war vor einem Jahrzehnt noch ein Widerspruch in sich; mittlerweile darf das „schön“ sogar durch „fantastisch“ ersetzt werden – zumindest in der CT6 Limousine. Beim XT5 neigt man noch nicht ganz zu überschwänglichen Begeisterungsattacken, denn wenn man den aus billigem Kunststoff zusammengeklebten Wählhebel in der Hand hält um den Gang einzulegen, fühlt man eher Überraschungs-Ei-Qualität als wohligen Luxus.
Selbiges erfährt man beim Hebelabenteuer für Scheinwerfer und Scheibenwischer hinter dem großen runden Steuerrad. Zum Glück betätigt man diese aufgrund der Automatik eher selten.
Das ist aber – aus qualitativen und haptischen Gesischtspunkten – auch das einzige, das negativ auffällt. Alcantara als Dekor-Element auf dem Armaturenträger, ein hinter Glas leuchtendes, teilweise aber etwas ruckeliges und zögerliches Multimedia-Touch-System sowie ein hochwertiger Kuhhautbezug im gesamten Innenraum fallen insgesamt äußerst positiv auf.
Die geringe Beinfreiheit im Fond ist Geländewagen-typisch; Platzverhältnisse wie in einem Fußballstadion kann man hier nicht erwarten. Angesichts der Radstand-Erweiterung um 50 Millimeter und einer angeblichen Fußraumverlängerung um 81 Millimeter gegenüber dem SRX ist dies zwar unverständlich, wir können an dieser Stelle aber nicht beurteilen, ob der Fond des SRX tatsächlich nur für Vierbeiner genutzt wurde.
Ah: des Rätsels Lösung ist eine variable Rückbank, die wir nicht gesehen hatten: bis zu 140 Millimeter kann man diese nach vorne oder nach hinten schieben – die Lehne um 12 Grad anwinkeln. Nun, das macht Sinn. Hier entsteht dann ein unglaublicher Fußraum von über einem Meter. Entschuldigung! Wir leisten Abbitte!
Kraftvoller 3,6 Liter Saugmotor mit 317 PS als einzige Motorisierung
Kein Bi- geschweige den Turbo. Das ist die traurige Wahrheit beim Cadillac XT5. Doch: wer auf konstante Kraftentfaltung ohne Turboloch und sonstiges Pfeifen aus dem Motorraum abfährt, der ist hier genau richtig. Sportwagen-Feeling kommt mit den 317 PS und 268 Nm Drehmoment zwar nicht auf, die Kids zügig (7,5 Sekunden von 0 auf 100 Km/h) und mit Stil (3,6 Liter V6) zur Schule bringen geht hingegen richtig gut (jene haben in der Regel auch noch kürzere Beine).
Geschaltet wird über ein Achtgang-Wandlergetriebe, das die Gänge nach kurzem Überlegen wunschgerecht einlegt. Um die Kraftstoffeffizienz weiter zu steigern, rollt man im Cadillac XT5 normalerweise mit reinem Frontantrieb und vier Zylindern durch die Stadt. Wird viel Kraft und viel Traktion benötigt, schalten sich zwei Zylinder automatisch dazu – die Hinterachse will manuell per Knopfdruck aufgefordert werden.
Neben der einzigen Benzinermotorisierung wird es möglicherweise Ende 2017 noch eine Diesel-Variante zusätzlich geben. Die Spezifikationen hierfür sind aber noch gänzlich unbekannt.
Präzise Lenkung, leichtes Scheppern im Fahrwerk
Tatsächlich fährt sich der Cadillac XT5 super: die zwei wesentlichen Fahrmodi sind wie Tag und Nacht – Schaukeln und Brettern – die Lenkung ist präzise, wenn auch für unsere Verhältnisse mit zu wenig Widerstand im Sportmodus ausgestattet, der Motor reagiert gut auf die Gasannahme und die Allrad-Traktion (zumindest auf befestigten Straßen) ist perfekt.
Nur dieses Fahrwerk: es verrichtet seine Arbeit, das aktive Dämpfersystem arbeitet in unterschiedlichen Fahrmodi präzise und lässt viel Raum für einen sich wandelnden Charakter. Jedoch scheppert es im Erdgeschoss ein wenig. Man hat manchmal das Gefühl, dass Stöße durch Unebenheiten mit metallischen Komponenten abgefedert werden. Ein geschmeidiges Fahren über schlechte Straßen ist es nicht. Das fiel uns auch beim VW Bus T6 auf – der CT6 zum Beispiel, kann das deutlich besser.
Ab 5. September zu Preisen ab 48.800 Euro erhältlich
Zu den Händlern rollen die Cadillac XT5 SUV ab dem 5. September 2016 in drei Ausführungen: Luxury (48.800 Euro), Premium (56.800 Euro) und Platin (66.800 Euro).
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Probefahrt: Cadillac XT5 auf hyyperlic.com