Fahrbericht Toyota Aygo: Freude am Drehen, der 69 PS.
Es ist fast wie in alten Zeiten, als die Autos alle nicht mehr als 69 PS hatten – aber: sie waren deutlich leichter! Die 980 Kilogramm Leergewicht des Toyota Aygo hören sich heutzutage zwar nach wenig an, beschreiben aber im Vergleich zu damaligen Autos trotzdem ein Schwergewicht im Kleinstwagensegment. Schnell ist er mit seinen 69 PS deswegen nicht, auch wenn der erste Gang relativ kurz übersetzt ist und er aufgrund dessen aus dem Stand ganz gut spurtet. Eine größere Leistungsstufe würde aber trotzdem nicht schaden – die Sicherheit sowie die Verbrauchswerte würden es ihm danken. Das ginge sogar ziemlich einfach…
Ein zu hoher Verbrauch ist inakzeptabel.
Der kleine 1,0 Liter Motor des Toyota Aygo wird von drei Zylindern betrieben und leistet stolze 69 PS und 95 Nm Drehmoment bei 4.300 Umdrehungen/min. Wobei schon ab 2.000 U/min brachiale (Achtung Witz, ha ha) 85 Nm Drehmoment zur Verfügung stehen. Erst hier merkt man, wie sehnlichst man sich eine Rennsport-Version wünscht…
Einen Vorteil soll es laut Toyota haben: der Verbrauch soll beim Toyota Aygo nur bei 4,1 Litern/100 Kilometer liegen. Das macht eine CO2-Emmission von 95 g CO2/km.
Doch diese Verbrauchswerte konnten wir nicht erreichen. Auf dem Bordcomputer standen nach zwei Tagen ausgeglichener Nutzung von Überland und Stadtverkehr 5,8 Liter/100 Kilometer bei einer Fahrweise, die andere Verkehrsteilnehmer gerade noch verkraften konnten. Und das ist für diese Leistungswerte eindeutig zu viel für solch einen Kleinstwagen.
Turbolader wären doch eigentlich tatsächlich die Lösung, oder?
Aber an was liegt das? Schätzungsweise ist ein reiner Saugmotor bei diesem Hubraum einfach nicht ökonomisch genug bzw. ist dieser kleine Hubraum alleine nicht genug, um ökologisch und ökonomisch zu fahren. Das Problem könnte gelöst werden, wenn man einen Turbolader mit zwei hintereinandergeschalteten Schaufeln – eine für die niedrigeren, eine für die höheren Drehzahlen – mit dem Motor verknüpft. Klar, dazu bräuchte es eine komplett neue Motorentwicklung, der aktuelle Motor könnte aber trotzdem weiter verwendet werden.
Es ist eigentlich heutzutage kaum mehr möglich, in dieser Hubraumdimension von einem Liter keinen Turbolader einzusetzen, denn damit bekäme man mehr Drehmoment bei niedrigeren Drehzahlen, mehr Leistung (gegebenenfalls müsste man einzelne Werkstoffe der Kernbauteile des Motors anders wählen oder auslegen) und eine noch sauberere Verbrennung (man müsste weniger Kraftstoff einspritzen) und könnte dank der höheren Leistung früher Hochschalten.
Das alles würde den Verbrauch mindern und die Leistung gleichzeitig erhöhen. Bei Fiat ging dieses Konzept sogar so gut auf, dass die Italiener beim Fiat 500 nun einen Turbomotor mit nur zwei Zylindern anbieten, der ein bisschen durchzugsstärker ist, als der reine Saugmotor des Toyota Aygo bei ungefähr gleicher Leistungszahl. Langfristig würden sich sogar die Investitionskosten durch höhere Verkaufszahlen lohnen. Aber solch einen kleinen Motor ohne Turbolader auszustatten ist heutzutage nicht mehr zeitgemäß.
Kleinstwagen genießen ein sauberes Image. Aber warum?
Etwa weil sie klein sind und daher wenig verbrauchen? Das Gegenteil haben wir gesehen und sehen es immer wieder. Schwach motorisierte Kleinstwagen sind aufgrund ihrer geringen Leistung und ihrer demzufolge geringen Flexibilität der Geschwindigkeitsänderung – etwa bei Überholmanövern oder Kreuzungseinfahrten – behindernd oder sogar manchmal gefährlich. Zudem muss man die kleinen Benzin-Saugmotoren oft sehr hoch drehen, damit sie ihre Leistung entfalten können. Das kostet Unmengen an Kraftstoff (und produziert so auch CO2) – auch wenn die Motoren meistens drehfreudig ausgelegt sind.
Das Experiment mit dem Porsche Boxster GTS.
Wir haben ein kleines Experiment gewagt und sind mit einem Porsche Boxster GTS – sechs Zylinder, Saugmotor, 340 PS aus 3,4 Litern Hubraum – eine Stunde lang hinter dem Toyota Aygo hergefahren. Der Toyota fuhr am technisch machbaren Limit (natürlich unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Straßenverkehrsordnung) und der Boxster schlich förmlich hinterher. Um es kurz zu machen: der Toyota Aygo mit der Hälfte der Zylinder und einem Bruchteil an Leistung war bei 8,0 Liter/100 Kilometer – der Porsche Boxster GTS bei 9,8 Litern (beides laut Anzeige Bordinstrument).
Getriebe und Schaltbarkeit
Die Kraft gelangt serienmäßig über ein Fünfgang-Schaltgetriebe auf die Vorderräder. Die Schaltung ist ordentlich präzise und eindeutig – auch wenn man den Schaltknauf im Handumdrehen (wortwörtlich) abschrauben kann, weil weder eine Arretierung vorhanden ist, noch ein präzises Gewinde, das ihn exakt ausrichten lässt. Immerhin lässt es eine rasante Beschleunigung von 0 auf 100 Km/h in 14,2 Sekunden zu, die auch tatsächlich realisiert werden können.
Die Fahrwerksauslegung ist lustig – aber ziemlich gut!
Kurven machen dem kleinen Toyota Aygo kein großes Problem. Er fährt sich im Zweifelsfall schneller und unkomplizierter durch eine Harnadelkurve als der Alfa Romeo 4C es tut – und das soll etwas heißen! Um dieses Kompliment wieder etwas zu neutralisieren: sein Gewicht kann er nicht so gut verlagern, man spürt es in schnellen Kurvenfahrten auf jedem einzelnen Rad – je nach Kurvenform. Aber er soll ja auch gar kein Rennwagen sein.