Fahrbericht VW Polo GTI (2022): Ein gutes Gesamtpaket hat seinen Preis
Eine Ansage! Rund 31.000 Euro Grundpreis für den Polo GTI. Klar, ein deutlich erhöhter Serienumfang ist bei ihm an Bord. Aber benötigt man das überhaupt alles? Und: Fährt er mit dem Leistungs-Upgrade auf 207 PS und dem 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe besser als das Vorfacelift-Modell? (Vor allem als der Polo GTI ohne OPF?) Fragen über Fragen, die ich hatte – und hier im Fahrbericht sowie im Video versuche zu beantworten.
Geschärftes Design – kommt auf die Perspektive an
Das neue Design des Polo Facelifts steht bei einigen stark in der Kritik, während die anderen es als gelungen empfinden. Ich bin hin- und hergerissen und ich weiß jetzt auch woran es liegt. Vor allem das Heckdesign mit den in die Heckklappe integrierten Rücklichtern wirkt aus jedem Winkel und aus jeder Perspektive anders. Werfen wir ein Blick auf das Bild hier:
Und dann schauen wir uns dieses Bild an. Klar – so sagen Sie jetzt – „das ist doch bei jedem Auto so“. Richtig, aber mir kommt es so vor, als sei es beim VW Polo GTI Facelift extrem. Kurzum: Die Rücklichter können das Auto aus mancher Perspektive verbreitern, aber genauso schmälern.
Die Einzelrückleuchten des Vorgänger-Polo GTI waren hier sauberer gezeichnet. Meine Meinung, siehe hier:
Nun, fest steht: Die Rücklichter, die sich bis in die Heckklappe ziehen sind eine teure Entwicklung. Alleine sie schrauben am Preis und sind für den Preisanstieg des „neuen“ Polo GTI mitverantwortlich.
Alle Exterieur-Details des Polo GTI Facelifts auf einen Blick:
Die Front ist durchaus schärfer gezeichnet und optisch nochmals breiter geworden. Die Tagfahrlicht-Signatur schaut frisch und modern aus, die Nebelscheinwerfer unten im Doppel-Design verkörpern Dynamik. Sie sind abgeleitet vom größeren Bruder Golf GTI und seinen Derivaten, die über ein Zielflaggen-Design mit mehreren Lichtpunkten verfügen.
Hohe Interieurqualität – zwei Dinge, die nicht gefallen
Viel zum Vorgänger hat sich nicht getan. Wobei, doch: Das berührungsempfindliche Lenkrad mit den Touch-Knöpfen aus dem Golf GTI und Derivaten hielt Einzug. Das Lenkrad liegt gut in der Hand, fasst sich auch angenehm an. Aber die Bedienung – und vor allem die Bedienungsrückmeldung – fühlen sich komisch an. Gegen Aufpreis würde ich lieber das „normale“ Lenkrad nehmen (mit GTI-Insignien versteht sich), aber mit richtigen Knöpfen. Gibt es leider nicht.
Galerie: Neuer VW Polo GTI (2022)
Zweite Sache: Das rote Hochglanz-Metallic-Dekor. Matchbox von seiner feinsten Art. Sieht ganz und gar nicht hochwertig aus. Das matte Weinrot aus dem Vorgänger-Polo GTI war auch nicht superschön, hatte aber mehr Klasse als das jetzt. Würde ich mir auf keinen Fall bestellen, schon gar nicht zu einem roten Polo GTI. Das matched nämlich so gar nicht. Schade.
Ansonsten macht das Interieur einen für diese Fahrzeugklasse hochwertigen Eindruck. Man sitzt gut auf Stoffsitzen im GTI-typischen Sitzmuster „Clark“, der DSG-Wahlhebel kommt auch vom Golf GTI und die Position sowie die Bewegungsfreiheit für die Arme sind ausgesprochen gut. Man kann damit also gut arbeiten, ohne dass man durch Sitzwangen oder ähnliches in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird.
Polo GTI fährt sich wie ein Polo GT
Souverän, direkt, sicher, leistungsstark. Mehr müsste ich eigentlich nicht über die Fahrdynamik des VW Polo GTI Facelifts schreiben (und im Video oben sagen). Er fährt sich eben wie ein potenter Volkswagen – und das ist erst einmal gut.
Man darf nicht enttäuscht sein, wenn man an einen GTI denkt und den Polo GTI dann fährt. Ein „Radikalo“ war ein GTI noch nie wirklich (außer vielleicht Clubsport- oder sonstige heiße Derivate), aber eine etwas spitzere Abstimmung hätte dem zweit-kleinsten GTI-Modell sicher gut getan. Dennoch fährt sich der Polo GTI sehr direkt, verfügt mit seinen 207 PS Leistung und 320 Nm Drehmoment aus einem für diese Fahrzeugklasse recht großvolumigen 2,0-Liter-Motor über ordentlich Leistung. Nur habe ich das Gefühl, dass das 7-Gang-DSG DQ381 dem sonst quirligen Polo Spontanität wegnimmt. Schaltwechsel – selbst im Sport-Modus – sind gefühlt leicht langsamer als beim Vorgänger mit 6-Gang-DSG, Zwischengasanpassungen beim Herunterschalten ebenso (siehe Video).
Nur eine mechanische Vorderachsequersperre fehlt. Die XDS genannte elektronische regelt bei Kurvenausfahrten manchmal zu eifrig und lässt den Vorderwagen manchmal nicht aus der Kurve raus. Die Lenkung muss auch von alleine aufgehen – und das passiert beim Polo GTI nicht immer. So wirkt die Lenkung manchmal ein bisschen „ausgefranzt“ mangels präziser Steuerbarkeit rund um die Mittellage. Nichts was schlimm ist, aber man muss sich eben darauf einstellen.
Klare Empfehlung, wenn ..
.. wenn man sich im Klaren darüber ist, dass ein Polo GTI kein Hyundai i20N ist. Kein Radikalo, sondern ein schöner Polo mit Top-Motorisierung mit einem Gran Tourismo-Charakter. Das Auto ist ausgesprochen gut – wenn man eben weiß, was man bekommt. Wenn man mit der falschen Erwartungshaltung das Auto kauft, könnte man enttäuscht werden.