Infiniti Q60 S im ersten Test: Extrovertierter Understatement-Turismo

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Auf dem vergangenen Genfer Autosalon unter anderem aufgrund seiner Lackierung noch bewundert, jetzt endlich im ersten (Kurz)Test: der neue Infiniti Q60 S. 405 PS stark, zwei Türen und 1.874 Kilogramm schwer – das klingt nach einem echten Gran Turismo. Das extravagante Heck unterstreicht dabei einen wesentlichen Begehrlichkeits-Faktor gegenüber seinen Mitbewerbern: das Design. Das an seine Umwelt vermittelte, optische Signal des Coupés lässt auf einen extrovertierten Charakter schließen. Doch es steckt mehr Understatement in ihm, als gedacht.

Den Fahrbericht des Infiniti Q60 2.0t mit 211 PS lesen Sie hier.

Einzelne Design-Parallelen zu Mitbewerbern

Wenn man einzelne Elemente der Karosserie des Infiniti Q60 S photographiert, wird man durchaus an die ein- oder andere Linie der Mitbewerber erinnert.

Galerie: Infiniti Q60 S im ersten Fahrbericht

Infiniti Q60 S im ersten Fahrbericht
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Infiniti Q60 S im ersten Fahrbericht

So haben sich die Designer rund um Chefstilist Alfonsa Albaisa mit Sicherheit das Mercedes C-Klasse Coupé ganz genau angeschaut. Gleichermaßen gibt es ein paar Details, die an BMW 4er und Audi A5 erinnern. Wie gesagt, keine präzisen Linien, aber einzelne Elemente.

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Wäre die für Infiniti typische Sichelform in den hinteren Seitenscheiben nicht, hätten jene beiden Fahrzeugdesigns einige Parallelen am Heck.

Auch in Bezug auf die Außenabmessungen mit 4,69 Metern Länge der beiden Sportcoupés bestehen durchaus ziemlich exakte Parallelen. Annahmen, Mercedes könne auch die Karosserie-Grundstruktur geliefert haben, weist Infiniti entschieden zurück und betont die Eigenentwicklung.

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Das Design vor dem hinteren Rad erinnert schon ein bisschen an einen Mitbewerber .. oder?

Ausgehend von der bestehenden Renault-Nissan Kooperation mit dem Daimler-Konzern, der Tatsache, dass Infiniti die Exklusiv-Marke von Nissan ist und Infiniti Q30 und QX30 komplett auf Mercedes A- und GLA-Klasse aufbauen, ist dies durchaus eine berechtigte Vermutung. Zudem liefert Mercedes den 2.0 Liter Benziner des Infinit Q60 – der 3.0 Liter mit 405 PS ist eine Eigenentwicklung. Denkbar wäre dieser Motor aber beispielsweise auch später im neuen Nissan GT-R, integriert in ein Hybrid-System.

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Bei aller Spekulation über Design-Parallelen steht dennoch eines fest: das Infiniti Q60 S Coupé trägt eines der aufregendsten Linienkleider im Sportcoupé-Segment. Trotz mancher optischer Parallele zu seinen Mitstreitern ist die Gesamtkomposition des Designs faszinierend und absolut eigenständig.

Atemberaubend schönes Design – für den Moment

Bestimmt ist es von konkaven und konvexen Formen im leichten Widerspruch, einem ausgeprägtem Doppelbogengrill mit massiver Chromumrandung und – gegenüber dem Q50 – nochmals geschärften Scheinwerfern in Augen-Optik an der Front sowie die für Infiniti typischen scharfen Kanten im Blech, die verschiedene Designelemente strikt trennen – vor allem in der Seitenführung.

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Mit verantwortlich ist dafür auch die rote Lackierung: zehn Schichten sind hier aufgetragen und glänzen mit einer Tiefe wie ein Diamant im Sonnenlicht. Auch – und gerade wenn – die Dämmerung einbricht und der Lack von indirektem Licht getroffen wird, strahlt die Karosserie derart, dass man sie von der Ferne einfach gerne als Handschmeichler in seiner Hosentasche hätte. Für den Aufwand der Lackierarbeiten ist der Preis vergleichsweise human: 1.400 Euro gehen damit nach Japan.

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Ob schön oder nicht – Geschmackssache. Doch eines der aufregendsten Heckdesigns im Segment ist dies allemal.

Q50 im Innenraum, serienmäßige Lederausstattung

Im Innenraum walten etablierte Formen und Linien der Schwester-Limousine Q50. Nur ist vor allem die Sitzposition und das Raumgefühl ein anderes: während man im Infiniti Q50 viel Raum hinter sich hat, nimmt jener im Q60 nach hinten stark ab. Die komfortablen und wohl ausgeformten Sitze umfassen einen sanft – das in alle Richtungen verstellbare Lenkrad mit Schaltwippen liegt exzellent in der Hand. Diese hätten zwar aus Metall sein können, trotzdem verfügen sie über eine schöne Haptik, die man gerne anfasst.

So vermittelt das Sportcoupé kein Rennwagen-Feeling. Sehr wohl spürt man aber schon beim Einsteigen, dass Performance hier eine große Rolle spielt.

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Insgesamt ist die Auswahl der Materialien wohl überlegt und gut umgesetzt: Volllederausstattung ist in allen Q60 Standard, Carbonelemente sind sauber ver- und eingearbeitet und feine Kontrastnähte säumen die Armaturen. Kunststoffe sind dem Cockpit weitestgehend fern geblieben.

Nur die Gurtreicher sind aus Plastik und hängen so schief wie ein gebrochener Einweg-Kleiderbügel, der sich mit allerletzter Kraft an den Kragen des kurz vor dem Fall drohenden Hemdes klammert. Vielleicht lag dies aber auch noch am Vorserien-Zustand des Autos.

Zwei Bildschirme in der Mittelkonsole

In der Mittelkonsole befinden sich – auch wie im Infiniti Q50 – zwei Bildschirme. Der obere stellt die Navigationskarte dar, der untere, mit einer Glasplatte abgedeckte, übernimmt die Bedienung und Steuerung des oberen und des gesamten Fahrzeugs.

Die Bedienung ist meist einfach und intuitiv. Ausnahme bilden hingegen manche Einstellungsmöglichkeiten der Fahrdynamik und der Assistenzsysteme. Zum Beispiel befindet sich der Spurhalteassistent in einem komplett anderen Menü (und ist einzeln aufgeführt), als der Spurverlassenswarner. Auch die Benennung des Menüunterpunkts dieser Einstellung lässt nicht unbedingt automatisch auf die Funktion schließen.

Alle Assistenzsysteme an Bord

Alle Assistenzsysteme, die gerade auf dem Markt und im Nissan-Konzern vorhanden sind, finden auch Einzug in den Infiniti Q60 S. Darunter ist zum Beispiel auch eine intelligente Geschwindigkeitsregelung mit Abstandsregelungssystem, das sogar das Fahrzeug vor dem vorausfahrenden erkennt und in seines Berechnungen berücksichtigt.

Zudem sind unter anderem ein Spurhalteassistent, ein Toter-Winkel-Assistent, eine Bewegtobjekterkennung, eine automatische Notbremsung mit Fußgängererkennung sowie eine Heck-aufprall-Vermeidung mit an Bord.

405 PS, 475 Nm Drehmoment im Infiniti Q60 S

Unter der Motorhaube in der Front waltet ein 3.0 Liter Twin-Turbo-V6-Motor im 60 Grad-Winkel über alle vier Räder. Er ist vollständig aus Aluminium gefertigt und ist eine Eigenentwicklung im Nissan-Konzern. Das Aggregat verwaltet 405 PS Leistung und 475 Nm Drehmoment.

Über variable Turbinengeometrie verfügt der Motor nicht. Trotzdem schafft es Infiniti, das Turboloch anständig zu kaschieren. Kein Vergleich zu Porsche 911 oder Boxster – trotzdem angenehm zu dosieren. Außerdem beschleunigt es das 1,8 Tonnen schwere Gefährt von 0 auf 100 Km/h in 5 Sekunden.

Geschaltet wird über ein Siebengang-Automatikgetriebe. Es schaltet zügig, aber nicht so präzise wie ein Doppelkupplungsgetriebe aus dem Volkswagen-Konzern. Auch nimmt es leider keine Drehzahlangleichung beim Herunterschalten vor. Letzteres ist aufgrund der sehr zurückhaltenden Endrohre nicht unbedingt störend, aber schade. Japanischer Gran Tourismo mit Understatement eben. Außerdem muss man den Tunern und Veredelern dieser Welt ja auch noch ein bisschen Raum lassen.

Elektronische Lenkung “steer-by-wire” ungewohnt, aber extrem präzise

Eigentlich halten wir uns ja immer an unserer Überzeugung: so wenig Elektronik wie möglich, so viel wie nötig. Notwendig wäre eine elektrohydraulische Lenkung ja nicht unbedingt – im Gegenteil: zu Zulassung benötigt Infiniti ohnehin eine mechanische Lenkstange – für den Notfall. Also ist die Gewichtsersparnis schon dahin. Gleichzeitig steigt auch der Entwicklungsaufwand für solch eine Lenkung.

Infiniti ist der einzige Hersteller, der jene Lenk-Technologie eisern durchhält und weiter verfeinert. Vorteile dieser Computerspiel-Lenkung liegen natürlich auf der Hand. Lassen wir am Besten Infiniti erzählen, wie der Lenkmechanismus funktioniert:

Das Steer-by-Wire-System kommt ohne mechanisch verbundene Teile aus und setzt stattdessen auf digitale Komponenten, die elektronisch über eine elektronische Steuereinheit kommunizieren. Die ECU überträgt Lenkbefehle vom Fahrer an die Räder, indem sie Signale ohne Verzögerung an den Lenkwinkelsteller sendet, der den Lenkwinkel der Vorderräder anpasst. Indem er Informationen in umgekehrter Richtung sendet, kommuniziert der Lenkwinkelsteller Feedback von der Straße an das Lenkrad, wobei alle Vibrationen von der Fahrbahnoberfläche herausgefiltert werden.

Nun, somit erhält mein keine Rückmeldung mehr von der Straße. Ob das nun gut oder nicht so gut ist, bleibt jedem selbst überlassen. Darüber hinaus kann man an der Lenkung alles ver- und einstellen: in insgesamt sieben Einstellungsmöglichkeiten lassen sich Lenkwiderstand, Übersetzungsverhältnis und Reaktionsfreudigkeit einstellen – wie bei Need For Speed Underground mit Force-Feedback-Lenkrad. Nur dass jenes des Infiniti Q60 S nicht oder kaum vibriert.

Lenkung filtert Unruhen heraus

Eine weitere Eigenschaft der Lenkung ist, dass sie leichte, unruhige Lenkbefehle herausfiltert und nicht umsetzt. So führt sie das Fahrzeug auf langen Autobahnfahrten in Kombination mit dem Spurhalteassistenten ruhiger und absolut spurtreu – auch bei hohen Geschwindigkeiten über 200 Km/h. Das einerseits ist für eine Limousine und einen Gran Tourismo angenehm, die sportliche Note geht dabei aber verloren.

Natürlich kann man die Lenkradeinstellung auf Sport Plus stellen. Aber selbst dann filtert die Elektronik kleinste Lenkbefehle heraus. Das Problem dabei ist, dass man manchmal bewusst kleine, vorsichtige Lenkbefehle – fernab der unruhigen Fahrweise – gibt, um feinste Korrekturen auszugleichen. Vor allem ist das der Fall, wenn man den Spurhalteassistenten deaktiviert hat. Eine weitere Sache dabei ist: wie groß oder klein müssen die Lenkeinschläge sein, damit die Lenkung auf die Befehle eingeht oder eben nicht. Manchmal reagiert das Auto nicht, manchmal eben schon. Die Grenze konnten wir in der kurzen Zeit nicht herausfinden.

Ein weiterer Ansatzpunkt für Infiniti ist natürlich das Autonome Fahren. Eine derartige Lenkung ist natürlich wie gemacht für zukünftige Hardware der Selbstfahrerei.

Adaptives Fahrwerk und serienmäßig Allradantrieb

Der Infiniti Q60 S kommt immer mit adaptivem Fahrwerk und serienmäßigem Allradantrieb. Um hier verlässliche Informationen über das Verhalten des Fahrwerks mitteilen zu können, müssen wir den Q60 in naher Zukunft noch einmal fahren. Für eine aussagekräftige Beurteilung reichte uns die Zeit nicht.

Fairer Preis: 56.990 Euro für den V6

Der Einstiegspreis in die Welt des Infiniti Q60 beginnt bei 44.500 Euro. Für den Infiniti Q60 S sind aber mindestens 56.990 Euro fällig – in der Sport Tech-Ausführung sogar 63.490 Euro. Angesichts der kaum vorhandenen Zusatz-Ausstattung und der Preise der Mitbewerber ein durchaus reizendes Angebot. Zumal gibt es mit mittlerweile 11 Händlern und 24 Infiniti-Zentren ein vergleichsweise gut ausgebautes Händlernetzwerk. Eine Dieselversion wird es in naher Zukunft nicht geben.

Möglicherweise Performance-Version des Q60 in Genf?

Es könnte sein, dass Infiniti auf dem Genfer Automobilsalon im März diesen Jahres eine Performance-Version des Infiniti Q60 vorstellt. Reine Spekulation – aber wie cool wäre das denn bitte?!

Benjamin Brodbeck

Benjamin Brodbeck ist 33 Jahre alt und studierte Automobilwirtschaft bei Prof. Dr. Diez. Danach wechselte er an die Universität Wien, wo er Publizistik- und Kommunikationswissenschaften studierte und mit dem akademischen Grad 'Magister der Philosophie' abschloss. Neben seiner Tätigkeit als Jazz-Pianist bringt er seine Leidenschaft für und sein Wissen von Automobilen in Form und Sprache als Publizist bei AUTOmativ.de sowie zahlreichen weiteren Plattformen und Unternehmen zum Ausdruck.

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