Neuer Jaguar XF R-Sport 30d im Fahrbericht
Letzte Woche hatten wir die Gelegenheit, einen ersten Fahreindruck des neuen Jaguar XF zu bekommen. Die edle britische Raubkatze tritt gegen BMW 5er und Mercedes-Benz E-Klasse an – gegen hochgelobte Konkurrenz also, in dessen Segment er allerdings die Rolle des Exklusiv-Besonderen einnimmt. Die R-Sport-Version mit Dreiliter-Dieselmotor sieht exzellent aus (das ist ein absoluter Kaufgrund!) und hat eine gewaltige Kraft. Seit 2007 wurden vom Jaguar XF rund 280.000 Einheiten verkauft, 16.000 davon alleine in Deutschland. Preise starten bei 41.350 Euro für den Diesel mit 163 PS und Handschaltgetriebe. Für unseren Testwagen fallen mindestens 61.510 Euro an.
Was sich gegenüber dem Vorgänger des Jaguar XF alles geändert hat
Der neue Jaguar XF bekommt einen um 51 mm größeren Radstand (2.960 mm) bei um 7 mm kürzerer Karosserie für mehr Fahrstabilität. Auch wurde das Dach um 3 mm tiefer und gönnt dem neuen Oberklasse-Briten eine Gesamthöhe von nur noch 1.465 mm.
Der größere Radstand mit den optionalen 18 Zoll großen Rädern sowie das tiefere Dach stehen dem XF in seiner eleganten Form sehr gut und geben ihm zusammen mit dem R-Sport Optikpaket ein sportlich wirkenden Auftritt.
Im Vergleich zum Vorgänger ist der neue XF dank 75 % Aluminium-Verwendung bei der Karosserie je nach Modellvariante um bis zu 190 Kilogramm leichter (XF 2.2 Diesel zum neuen XF 2,0 Diesel) und um 26 % Verwindungssteifer. Dazu kommen noch zwei Fahrwerkseinstellungen – ein adaptives und ein frequenzabhängiges Dämpfersystem – ein Laser-Head-Up-Display, das aber farblich sowie inhaltlich weniger anzeigen kann, als das von BMW, einige neue Assistenzsysteme, voll-LED-Scheinwerfer und ein neues Multimedia-System mit App- und Smartphone Ein- und Anbindung.
Diesel-Königsklasse: 3,0 Liter V6 BiTurbo mit 700 Nm Drehmoment und 300 PS
Einen vom Aufbau und den Leistungsdaten ähnlichen Motor hatten wir genau vor einem Jahr in unserem Fahrbericht mit dem Panamera Diesel, von dem wir schon damals beeindruckt waren. Diesen Motor mit ebenfalls 300 PS aber “nur” 650 Nm Drehmoment verbaut der Volkswagen-Konzern nach wie vor – unter anderem im ganz neuen Audi A4.
Jaguar geht mit einem neuen Motor 50 Nm Drehmoment weiter; und das spürt man. Die Kraftentfaltung aus dem Stand ist brachial, die Traktion ist – so wie wir das auf öffentlichen Straßen so gut es geht ausprobieren konnten – exzellent. Dieser spürbare Vortrieb ist auch Motoreport aufgefallen. Im Leerlauf nagelt der Motor auch in warmen Zustand ein wenig.
Aber benötigt man unbedingt den 3,0-Liter Motor? Autogefühl ist den 2,0 Liter Diesel gefahren.
Mit insgesamt 300 PS und 700 Nm Drehmoment ist der Jaguar XF 3.0 mit einem kombinierten Normverbrauch von 5,5 Litern/100 Km (144 Gramm CO2/Km) angegeben. In der Realität konnten wir das aufgrund der begrenzten Zeit nicht testen.
Bei Jaguar sind alle Sechszylinder-Dieselmotoren serienmäßig mit der Achtstufen-Automatik von ZF ausgestattet. Diese schaltet schnell, schließt jedoch die Kupplung des Wandlergetriebes spät (auch im Sport-Modus), sodass die Motordrehzahl – besonders beim schnellen Anfahren und raschen Hochschalten – nur zu einem Teil in Vortrieb umgesetzt werden kann. Die Antriebsverluste sind dabei der im Ölbad gelagerten Turbinenschaufeln geschuldet.
Ein ähnliches Getriebe besitzen auch die Jaguar F-Type-Modelle. Diese sind jedoch deutlich sportlicher abgestimmt und schließen die Kupplung schneller. Warum man eine ähnliche Abstimmung nicht auch in den XF-Modellen (zumindest für den Sport-Modus) genommen hat, ist uns unklar.
Landstraßen-Räuberei. Kann man das mit einer eleganten Jaguar Limousine?
Sollte man doch können. Schließlich ist sie mit dem R-Sport Optik-Paket ausgestattet, das den Besitzer natürlich auch mal zu flotteren Landstraßen-Fahrten animiert.
Und tatsächlich, auf der Landstraße macht die britische Katze richtig Laune. Die Gewichtsverteilung liegt bei nahezu 50:50, an der Vorderachse prangen doppelte Dreiecksquerlenker, hinten sind die Räder mittels einer Intergral Link-Einzelradaufhängung mit der Straße verbunden.
Wie alle Jaguar- und Land Rover-Modelle verfügt der neue XF auch über eine elektromechanische Servolenkung. Diese hat zwar nicht die “höchste Lenkpräzision”, wie Jaguar sie bewirbt, ist aber für ein Fahrzeug dieser Klasse genau richtig abgestimmt.
Warum nicht höchste Lenkpräzision? Für uns bedeutet das GoKart-Feeling. Man lenkt ein und in der exakt selben Millisekunde steuert die Lenkachse exakt diesen Winkel an, den man in diesem Moment mittels des Lenkrad-Einschlags gewählt hat. Bei den meisten elektromechanischen Lenkungen ist der Lenkachs-Einschlag zum Lenkrad-Einschlag zeitlich minimal versetzt.
Im Extremfall lenkt man so in Kurven ein, merkt unterbewusst, dass die Lenkachse den Befehl noch nicht ausführt, lenkt noch ein wenig stärker ein und in diesem Moment führt die Lenkachse den ersten Befehl aus, kurz danach den zweiten, stärkeren. In diesem Moment ist man dann schon wieder an der Gegenkorrektur. So ist es aber beim Jaguar XF keinesfalls. Lediglich eine minimale, kaum spürbare Verzögerung setzt ein. Dies merkt man – unter anderem – bei sehr bewusstem Fahren auf der Autobahn in dem Moment des Spurwechsels. Ausprobieren und selbst beurteilen ob es einen selbst stört.
Das Fahrwerk ist für diese Fahrzeugklasse und für alle öffentlichen Straßen perfekt abgestimmt. Durch ein Zusatz-Ventil zum Absenken der Dämpferkräfte bei niedrigen Geschwindigkeiten kann der Jaguar XF besonders elegant “dahingleiten”. Auf der anderen Seite sorgt das adaptive Dämpfersystem für blitzschnelle Fahrwerksanpassungen, die nahezu perfekt an die Fahrsituation angepasst sind.
Hochkomfortables Reisen auf der Autobahn – auch bei höheren Geschwindigkeiten
Was muss ein Auto dieser Klasse auf der Autobahn können bzw. sein? Sicher, ruhig, souverän, schnell, rasche Beschleunigung, möglichst leise. All diese Kernwerte meistert der neue Jaguar XF mit Bravour. Und dass die Windgeräusche ab ca. 180 Km/h ein wenig stärker sind, als beispielsweise in einem Porsche Panamera, ist verzeihbar.
Ein kleines Detail im Fond, das uns lustigerweise schon beim Porsche Macan negativ aufgefallen ist: die Getränkehalter aus Kunststoff in der hinteren Armauflage sind absolut unbequem. Wenn man sich dort abstützen will, kommt man damit automatisch in Berührung – nicht besonders angenehm. Immerhin ist die Position beim XF besser als beim Macan; weiter vorne.
Das Interieur ist funktional und an den meisten Stellen sehr hochwertig
Die Materialien des Interieur sind behutsam gewählt und die Spalte beispielsweise zwischen Tür und Armaturenbrett sehr gering; schöne Flächen und detaillierte Akzente sind fast schon selbstverständlich. Die Sitzposition ist exzellent, die Sitze selbst sportlich-komfortabel.
Einzig die Sache mit dem Schalten stört: die Schaltpaddles hinter dem Lenkrad sind aus dünnem Kunststoff und sind mit relativ viel Spiel gelagert. Es ist schade, dass ausgerechnet die Bauteile, denen man die höchste Stufe der Haptik zurechnet – weil man sie beim Fahren mit manuellem Schalten ständig fühlt – sind dadurch nicht angenehm zu bedienen. Möglicherweise sind wir hier etwas empfindlich, aber andere Hersteller zeigen, dass man diese zentralen Bedienelemente auch aus Aluminium in Kombination mit Micro-Schaltern mit geringen Toleranzen fertigen kann.
Der seit einiger Zeit typische, beim Motorstart ausfahrende Drehregler zur Wahl der Gänge in der Mittelkonsole ist zwar schön, liegt gut in der Hand und macht beim Motorstart was her. Jedoch ist er etwas unpraktisch, wenn man beispielsweise im Parkhaus unter Zeitdruck rangieren will. Möglicherweise eine Sache der Gewöhnung.
Auch ist die Wahl von “D” auf “S” für “Sport” während der Fahrt manchmal etwas hakelig. Im Stand ist dies komischerweise kein Problem.
Neues Infotainment-System im neuen Jaguar XF
Das neue Infotainment-System des neuen Jaguar XF, das schon im neuen Range Rover verbaut ist, ist ein großer Sprung nach vorne. Alle Informationen, Filme, Karten und vieles mehr werden auf einem 10,2 Zoll großen Touch-Display angezeigt, der über die sogenannte Split-View-Funktion verfügt, die es ermöglicht, getrennte Inhalte für Beifahrer und Fahrer anzeigen zu lassen. Also beispielsweise kann so der Beifahrer eine DVD anschauen während dem Fahrer das Navigationssystem angezeigt wird.
Umfassende Garantieleistungen durch Jaguar Care
Jaguar bietet erstmalig ein umfassendes Garantiepaket an – serienmäßig! Es bietet drei Jahre Garantie – ungeachtet der Laufleistung – alle turnusgemäßen Inspektionen und eine Mobilitätsgarantie. Das ist doch mal ein Wort.
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