Mille Miglia 2014: Wie die 1000 Meilen wirklich sind und warum Jay Leno im Liegen fährt
Dieses Rennen ist hart: für Mensch und Maschine. Was hier so stumpfsinnig klingt, ist wirklich Realität. Oft nicht mehr als vier Stunden Schlaf, längere Pausen mitten in der Prärie aufgrund technischer Probleme und bis zu sechzehn Stunden lange Etappen auf öffentlichen und nicht abgesperrten Straßen. Die Mille Miglia macht allen Fahrern zu schaffen. Erstaunlich ist, dass unter diesen Extrembedingungen und einer äußerst riskanten Fahrweise fast alle Oldtimer durchgehalten haben – ein 300 SL Flügeltürer der Familie Sixt aus München jedoch erlitt einen Totalschaden.
Kein normales Oldtimerrennen. Vielmehr ähnelt die Mille Miglia einem Straßenrennen – mit Polizeiunterstützung.
Es war keine Seltenheit, dass die Teilnehmer auf den öffentlichen und nicht abgesperrten Straßen überholten, wenn Gegenverkehr kam; Presse- sowie Unterstützerfahrzeuge mussten ihnen dies natürlich – wie bei einer Hetzjagd – gleich tun. Die normalen Verkehrsteilnehmer gingen so gut es ging auf die Seite, als wäre es eine Selbstverständlichkeit.
Die lokale Polizei sowie die Carabinieri sprangen sofort auf und sperrten öffentliche Kreuzungen, sobald sie ein Begleit-, Presse- oder Teilnehmerfahrzeug der Mille Miglia nur von weitem sahen. Die Menschen jubelten den Fahrern und Fahrzeugen zu; nicht nur die großen Etappen- oder Zwischenziele waren extrem gut besucht: auch überall auf der Route standen begeisterte Menschen und feierten sogar oftmals „Mille Miglia-Parties“ am Straßenrand. Verkehrte Welt, dieses bella Italia.
Jaguar lässt Prominenz aus aller Welt einfliegen. Aber auch bekannte deutsche Gesichter waren dabei.
Erol Sander, Wolfgang Porsche, Dieter Zetsche sowie die Familie Sixt vertraten neben zahlreichen deutschen Adelsfamilien die deutsche Prominenz sehr gut; hatte doch Jaguar unter anderen Weltstars wie Adrien Brody, Jay Leno, David Blakeley mit Kidd Jodie und Brian Johnson einfliegen lassen. Alleine für die Berühmtheiten hatte Jaguar 10 Fahrzeuge gestellt – zum größten Teil waren dies firmeninterne Oldtimer.
Es ging sogar so weit, dass Jay Leno zeitweise eine Polizei-Eskorte von zwei Motorrädern begleitete, damit der vor ihm liegende Weg sicher frei bleibt und der Geschwindigkeitsrausch konstant gewährleistet werden konnte. Warum es allerdings immer so aussah, als würde er in dem Fahrzeug liegen, ist reine Spekulation. Möglicherweise wäre sonst sein wohl genährter Körper mit der Lenkeinheit kollidiert.
Rund 450 Teilnehmer mit ihren historischen Fahrzeugen. Baujahrbeschränkung: bis 1957.
8.500 Euro mussten Teilnehmer dieses Jahr für die Teilnahme an der Mille Miglia zahlen. Darin enthalten ist die Startgebühr inklusive aller technischen Checks, die das Fahrzeug vor, während und nach der Mille Miglia durchlaufen muss, sowie ein Standard-Hotel in jeder Stadt, in der eine Etappe endet und im ungünstigsten Fall nur ein paar wenige Stunden später am nächsten (oder sogar gleichen) Morgen wieder beginnt.
Und natürlich bekommt man für diesen finanziellen Aufwand auch 4 Tage lang eine real-life-multiplayer-Version von Need for Speed – Oldtimer Edition (nur ohne böse Polizei). Das mag albern klingen: wer diese 4 Tage aber voll mitgemacht hat, erkennt den Reiz dieses harten Rennens – unabhängig seiner vorigen Einstellung zu Veranstaltungen nahe an der Rechtfertigungsgrenze.
Die Staud Studios im Besitz der Media Rechte.
Und diese Rechte waren weise vergeben, denn dieses Privileg bildet die Grundlage eines exklusiven und limitierten Bildbandes aller Fahrer und ihrer Fahrzeuge: jedes Fahrzeug, jeder Fahrer und Beifahrer, jede Etappe und jede Stadt, die der historischen Route Einlass gewährt hatte, ist mehrmals photographisch festgehalten. Dies ermöglichte ein professionelles 13-Köpfiges Team des Star-Photographen René Staud, das mit seinen schnellen und wendigen Porsche Macan die schönsten Momente nahezu überall festhalten konnte.
In Deutschland? Undenkbar.
Der deutschen Bürokratie und des penibel geregelten Lebens sei Dank. Die überwiegende Finanzbeamten-Mentalität macht eine solche Veranstaltung wie die Mille Miglia im Autoland undenkbar und utopisch. Hoffen wir, dass vergleichbaren Events wie beispielsweise dem legendären Solitude-Revival (auch auf öffentlichen Straßen, allerdings komplett abgesperrt) in ferner Zukunft die Fußfesseln hinsichtlich organisatorischer Freiheiten und übertrieben strikter Sicherheits-Regelungen ein wenig gelockert werden. Aber in Italien haben eben ein paar Scheine noch etwas mehr Gewicht als bei uns in Deutschland.
Copyright Bilder: STAUD STUDIOS | Benjamin Brodbeck