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Mitfahrt meines Lebens: Mit Daniel Juncadella im AMG C63 DTM über den Norisring

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Dieser AMG C63 DTM fährt genau so, wie er aussieht: offiziell angegebene 550 PS aus einem frei saugenden und 4,0 Liter großen V8 treffen auf 1.120 Kilogramm Fahrzeuggewicht. Die Kraft wird über Slicks an die Hinterachse weitergegeben und findet durch eine ausgeklügelte Aerodynamik und stämmige Carbon-Bremsen auch vor und in Kurven den schnellsten Ausweg. Dazu sortiert sich irgendwo zwischen G-Kräften und Halb-Liege-Position – gefühlte zwei Millimeter über dem Asphalt mit Blick in den Himmel – das ungefilterte Gebrülle der seitlich ausgeführten Abgasanlage ein. Diese Gesamtkomposition ist für unsere, meine menschliche Vorstellungskraft nicht fassbar gewesen – so lange ich sie nicht selbst erfahren hatte. Zwei Runden auf dem Norisring mit Ex-DTM-Fahrer Daniel Juncadella waren eines der beeindruckendsten Abenteuer in meinem von Automobilen geprägten Leben.

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In voller feuerfester Montur ab in das CFK-Monocoque, das bei dem speziellen DTM-AMG-Taxi ausnahmsweise über zwei Sitze verfügt.

Der AMG C63 DTM ist überhaupt kein C63

Von AMG C63 zu sprechen ist eigentlich komplett verwirrend. Denn exakt drei Komponenten teilt sich der AMG C63 DTM mit seinem Serienbruder: die Wischerblätter, den Mercedes-Stern und den Schriftzug der Modellbezeichnung. Gut, das Motoröl – im Falle von Mercedes-AMG von Petronas – wird auch in einigen Erstauslieferungen der Marke mit Stern verwendet. Trotzdem ist nichts mehr irgendwie seriennah – wenn man von der Karosserie-Optik einmal absieht. Und dementsprechend sollte sich dieses DTM-Fahrzeug auch in der Fahrdynamik unterscheiden. Soweit die Theorie.

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Alles muss perfekt sitzen: Haare unter die Sturmhaube, Overall am Hals geschlossen, Halswirbelschutz in Form des Hans auf die Schultern. Beeindruckend ist schon in diesem Moment, welche Vorkehrungen getroffen werden müssen, um überhaupt in den Rennwagen – Reglement-bedingt – einsteigen zu dürfen.

Einsteigen schwer gemacht

Rein in den feuerfesten Rennanzug, Puma-Schuhe an, Sturmhaube, Helm und Hans auf und ab auf die Norisring Rennstrecke. Eine leichte Anspannung kann ich nicht leugnen – jedoch nicht der eigentlichen Fahrt wegen. Vielmehr ist sie dem ungewissen Ablauf geschuldet.

In der tagtäglichen medialen Aufbereitung von Autoinhalten jeglicher Art erlebt man natürlich immer wieder beeindruckende Dinge. Und so viel beeindruckender, als mit einem GT3 RS die Porsche-Rennstrecke in Leipzig zu bearbeiten oder mit einem Golf GTI Clubsport über den Bilster Berg zu fegen, könne es überhaupt nicht sein. Das zumindest dachte ich. Weit gefehlt.

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Zusammen mit dem Mercedes-AMG-Team geht es vom Fahrerlager direkt an die Rennstrecke. Erwartungsvolle Nervosität köchelt in einem. Abgelöst wird sie dann durch brodelnde, temporär agierende Sucht nach Geschwindigkeit und Beschleunigung.

Schon der Einstieg ist ohne Anleitung eine Herausforderung. Von einem Motorjournalisten scheint man offensichtlich vorhandenes Wissen über den optimalen Einsteige- bzw. Einklettervorgang in ein DTM-Fahrzeug zu erwarten. Zwischen Theorie und Praxis gibt es aber trotzdem noch Hürden, die jenen Vorgang mit fixierendem Hans inklusive Helm etwas unbeholfen wirken lassen. Egal, nachdem ich mich über den breiten Seitenschweller gemogelt habe, sitze, bzw. liege ich fast schon. Die kurze Begrüßung mit Taxifahrer und Ex-DTM-Pilot Daniel Juncadella wird vom Gebrüll des kaum gedämmten V8 vor mir geschluckt. Schon klar, wer hier das Sagen hat.

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Verschmelzung mit dem AMG C63 DTM Rennwagen

Als ohnehin schon existierender Sitzzwerg habe ich große Schwierigkeiten, überhaupt über das hauptsächlich aus Gitterrohrramen bestehende Armaturenbrett zu blicken. Nach einem zweiminütigen Anschnall- und Fixiervorgang durch ein AMG-Teammitglied ist jegliche Bewegung nach vorne oder sonst wohin auch einfach ausgeschlossen. Nicht nur der Schalensitz umschließt einen vollständig, sondern auch die Gurte und sonstigen Befestigungen lassen keinen Millimeter Bewegungsspielraum zu. Auf Dauer ein echt bedenklicher Zustand.

Wäre ich in dieser Situation erst aufgewacht und bei einigermaßen klarem Verstand, würde ich denken, ich sei mitten in einem psychotherapeutischen Experiment – gekettet an einen mobilen Praxisstuhl. Aber spätestens seit dem brutalen Einschlag am kurz danach stattfindenden DTM-Rennen von Gary Paffett – ebenfalls im C63 DTM – schätzt man derartige Vorkehrungen und Konstruktionen. Die gab es im Jahr 1971 im 300 SEL AMG noch nicht einmal ansatzweise.

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Bis alles verkabelt, angeschlossen und ich fixiert bin, dauert es schon mindestens zwei Minuten. Im Cockpit liegt man mehr, als dass man sitzt. Abgefahren schon jetzt – im Stand.

Der AMG C63 DTM nimmt einem die Lust an Performance-Sportlern

Im Interieur ist nur das notwendigste: neben dem präsenten Gitterrohrrahmen gibt es breite Carbon-Elemente, viele Knöpfe, die mehr an einen Elektronikmarkt, als an ein C-Klasse-Interieur erinnern – und, trotz ausgebeintem Monocoque, kaum Platz. Es grenzt an ein Wunder, dass hier noch ein Beifahrersitz inklusive Fahrer hinein passt. Laut Reglement darf der Fahrer nicht mittig sitzen; schließlich soll ein Beifahrersitz analog der Vorbild-C-Klasse noch Platz haben. Was habe ich nur für ein Glück.

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Die in geöffnetem Zustand labile Beifahrertür aus CFK wird jetzt geschlossen – fertig ist die Raumkapsel. Juncadella legt am Lenkrad ohne Rundung den ersten Gang des sequenziellen Getriebes ein und strafft die Zügel. Schon bei diesem 60 Km/h-Maximum in der Boxengasse fühlt und hört man die ungezähmte Kraft des V8-Saugers, der in diesem Moment nur noch eines will: Drehzahlen. Und die bekommt er auch – schneller als erwartet: durch ein Tor verlassen wir die Boxengasse schon bevor sie überhaupt anfängt und beschallen so die gut besuchte Steintribüne kurz vor dem sonntäglichen DTM-Hauptrennen mit einer zwangsläufig begleiteten Beschleunigungsorgie, die ich mir nicht einmal in meinen phantasievollsten Träumen ausmalen konnte (und meine Phantasie ist nahezu grenzenlos). Freunde, vergesst Eure lahmen C63-Ampelstarts auf der Theo.

Genau in diesem Moment wird einem noch überhaupt nichts klar. Ich hatte die Nacht zuvor nicht viel geschlafen – meine Augen sind aber in diesem Moment so weit aufgerissen, als wäre ich auf einem Trip. Zumindest stelle ich mir diesen Zustand genau so vor. Durch das Adrenalin, die wirren Gedanken, die pure Freude und gleichzeitig dem Zweifeln an dem in diesem Moment Erlebten, merke ich – mitunter auch durch die niedrige Sitzposition – erst zu spät, dass wir uns der Grundig-Spitzkehre nähern. Und mit ihr auch der Mauer, die hinter der recht kurzen Auslaufzone am unteren Windschutzscheibenrand rasch überdimensional wirkt.

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Denkt man nicht, wie viele Menschen in einer Taxifahrt involviert sind.

Früh bremsen wird total überbewertet

Bremsweg? Die DTM scheint nach anderen physikalischen Regeln zu funktionieren. Mir ist das rechtzeitige Bremsen in jenem Moment vollkommen egal – wahrscheinlich versetzt mich mein Körper in dieser Ausnahmesituation in den genießerischen Standby-Modus.

Außerdem sehe ich eigentlich eh nur grauen Himmel. Dann plötzlich: Vollbremsung. Mein Kleinhirn haut es in Richtung Windschutzscheibe an die innere Seite der Stirnwand. Glücklicherweise kann es nicht so einfach entschwinden, denn es ist am C63-Monocoque indirekt genau so angekettet wie mein gesamter Körper inklusive Kopf. Gleichzeitig lenkt Duncanella ein, löst die Bremse schon lange vor dem beginnenden Scheitelpunkt und dosiert das Gaspedal im ziemlichen Volllastbereich beim Kurvenausgang.

Zum Vergleich: straßenzugelassene Performance-Sportler, wie beispielsweise ein C63 S AMG oder M4 GTS erreichen G-Kräfte von maximal 1,8. Wer mehr will, muss Slicks montieren. Aber selbst dann werden die 2G selten überschritten. Die DTM-Fahrzeuge können je nach Abstimmung und Streckenbeschaffenheit bis zu 4G generieren – die Formel 1 schafft dann bei perfekten Bedingungen nochmal das doppelte, also 8G. Es scheint mir kein großes Problem, diese Kräfte auszuhalten, obwohl wir natürlich lange nicht am Maximum sind. Aber es ist einfach vollkommen ungewohnt.

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Es ist klar, dass man durch solch eine Mitfahrt einen komplett anderen Bezug zur DTM bekommt. Auch wenn die DTM-Fahrzeuge mit den Serienautos überhaupt nichts zu tun haben, ist es faszinierend, was alles möglich ist – und vor allem: wie sich dieses „alles ist möglich“ anfühlt.

Der wütende AMG-Motor stürmt voran und verwandelt das Interieur inklusive Insassen in eine akustische Hölle auf Rädern. Gänsehaut bekommt man schon gar nicht mehr. Vielmehr brennt der ganze Körper für die nächste Kurve, schaltet – ja, denkt förmlich mit.

Ein nachhaltig prägendes Erlebnis

Auch im darauffolgenden, rechtwinklig ausgemauerten „S“ des legendären Straßenkurses, das nach einer langen Geraden wiederum in der Spitzkehre für Start und Ziel mündet, hängt der AMG C63 DTM mit Höchstdrehzahlen am Gaspedal und reagiert auf die feinsten Befehle sofort und ohne Zwischenpuffer. Die Fliehkraft zerrt an allen Extremitäten; gut, dass alles fast formschlüssig verbunden ist.

Nach einer weiteren Runde habe ich – hat mein feuriges Wesen – zwar noch nicht genug, aber es ist Zeit für das Hauptrennen. Die Grid-Girls warten schon hinter dem Boxentor und die einsitzigen DTM-Boliden werden in der Boxengasse aufgereiht. Doch davor steht eine Sache noch aus: eine legendäre Fahrt mit Bernd Mayländer im ebenso historischen Nachbau des Mercedes 300 SEL AMG, der mit 420 PS und 6.8 Litern Hubraum im Jahr 1971 Spa gewann.

An Bord des Mercedes 300 SEL AMG mit Formel 1-Safety-Car Legende Bernd Mayländer

Man bedankt sich nach einer Story beim einladenden Hersteller nicht, richtig? Doch außergewöhnlich kreierte Situationen erfordern außergewöhnliche Mittel. Deswegen: Danke AMG und Petronas für dieses Abenteuer.

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