Porsche 959: Der Supersportwagen geht 1986 in Serie (3/3)
(3/3) Im Jahr 1986 ging der lang erwartete Supersportwagen Porsche 959 schließlich in Stuttgart Zuffenhausen in Serie. Die Fertigung erfolgte in einer eigens hierfür vorbereiteten Manufaktur – viel Handarbeit war notwendig. Ungeduldig erwarteten die Kunden ihren 959 – einige hatten sich ihre Wunsch Fahrgestellnummer reserviert. Die Nummer 1 war natürlich für Dr. Porsche eingeplant. Wer sich spätere Nummern gewünscht hatte, mußte demzufolge warten, bis diese Nummer dran war – alle Fahrzeuge wurden in der echten Nummernreihenfolge gebaut.
Die Technik
Hier die wesentlichen technischen Merkmale des Porsche 959: Motor und Getriebe: Sechszylinder-Boxer-Motor (Aluminiumlegierung). Hubraum: 2,85 Liter, Leistung 331 KW (entsprechend 450 PS) bei 6500/min. Maximales Drehmoment: 500 Nm bei 5000/min. Erstmalige (für Ottomotoren) Verwendung einer Registeraufladung mit zwei parallel geschalteten, wassergekühlten KKK-Turboladern inklusive Ladeluftkühlern.
Dazu zwei obenliegende Nockenwellen pro Zylinderreihe mit vier Ventilen je Zylinder. Erstmalig für den Boxermotor sind die Zylinderköpfe wassergekühlt; die Zylinder selbst bleiben in bisheriger Tradition luftgekühlte. Auslassventile erstmalig natriumgefüllt (zur besseren Wärmeableitung). Trockensumpfschmierung mit Ölbehälter (Inhalt: 18 Liter). Getriebe: manuelles 6-Gang Schaltgetriebe.
Allradantrieb: Der im 911 4×4 verwendete und bei der Rallye Paris-Dakar bewährte Allradantrieb wurde für den 959 überarbeitet. Hinterradantrieb erfolgt über ein gewöhnliches Differenzial. Das vordere Differenzial war über die Antriebswelle mit dem Getriebe verbunden. Bei Schlupf werden die Reibflächen der ölgeschmierten Lamellenkupplung aneinandergepresst – das somit angepasste Drehmoment gleicht die Geschwindigkeit der Räder aus. Das System erkennt über Sensoren Raddrehzahl, Schlupf, Motordrehzahl und Lenkwinkel, damit der Allradantrieb optimal arbeiten kann. Somit paßt sich der Allradantrieb automatisch an die jeweilige Situation an.
Fahrwerk und Reifen: rundum Einzerlradaufhängung an Doppelquerlenkern und Schraubenfedern, zwei variable Bilstein-Teleskopstoßdämpfer pro Rad und eine automatische, geschwindigkeitsabhängige Niveauregulierung. Einstellbare Härte der Federung. Bremsen: Vierkolben-Festsättel an 322 mm großen Bremsscheiben vorne und an 304 mm großen Bremsscheiben hinten. Neu entwickeltes ABS. Reifen: 235/45VR17 vorne und 255/40VR17 hinten. Erstmaliger Einsatz von Hohlspeichenfelgen aus einer Magnesiumlegierung zur weiteren Gewichtsreduzierung der ungefederten Massen (vorn 8 Zoll, hinten 9 Zoll breit). Ebenfalls erstmaliger Einsatz einer einzigartigen Reifendruckkontrolle (abgeleitet aus dem Porsche 936 Rennfahrzeug Le Mans von 1980). Sowohl ein optisches als auch ein akustisches System informieren den Fahrer, in welchem der 4 Räder der vorgeschriebene Luftdruck unter den eingestellten Wert absinkt.
Fahrleistungen:
- 0–100 km/h 3,7 s
- 0–140 km/h 6,5 s
- 0–180 km/h 10,5 s
- 0–200 km/h 13,3 s
- 400 m mit stehendem Start: 11,8 s
- 1000 m mit stehendem Start: 21,6 s (Endgeschwindigkeit 245 km/h)
- Höchstgeschwindigkeit: 317 km/h
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Produktion und Verkauf
Im Jahr 1986 begannen Produktion und Verkauf des 959 mit deutlicher Verspätung gegenüber der auf der IAA 1983 bekannt gegebenen Planung. Es waren nicht nur die ursprünglichen Kunden bei der Stange geblieben – die Nachfrage war inzwischen (nicht zuletzt auch aufgrund des außergewöhnlich positiven Presseechos) deutlich höher als die zunächst geplante, schließlich auf 250 Einheiten limitierte Fahrzeugstückzahl.
Porsche hatte mit den ausgewählten Kunden vereinbart, ihren 959 für mindestens ein halbes Jahr zu behalten, um einem befürchteten möglichen Schwarzmarkt vorzubeugen. Rasch wurde bekannt, daß den ersten Kunden, die ihren 959 in Zuffenhausen abholten, bereits bei der Porsche Ausfahrt der Werksabholung Angebote bis zu 1 Million DM gemacht wurden!
Marketing
Für den 959 waren keine speziellen Verkaufsmaßnahmen erforderlich. Die Marketingaufwendungen (für Kataloge, Preislisten etc.) bewegten sich im gleichen Rahmen wie bei jedem „normalen“ Porsche Fahrzeug.
Als auf Grund der hohen „Gebraucht-Angebote“ an die ersten 959 Besitzer klar wurde, daß man den Verkaufspreis auch locker hätte höher ansetzen können, wurde Porsche-intern im Zusammenhang mit dem 959 (spaßig) vom „teuersten Porsche Werbegeschenk“ gesprochen. Aber schnell war klar, daß sich der 959 mit seiner einmalig positiven Beurteilung und der unvergleichlich hohen internationalen Präsenz als weltweit bester Supersportwagen als das bis dahin beste Marketinginstrument für Porsche überhaupt heraus stellte.
Auswirkungen des Porsche 959 auf die gesamte Supersportwagenwelt
Porsche hat als erster Automobilhersteller der Welt mit dem 959 ein neues Segment für Straßen-Supersportwagen geschaffen. Davon haben seitdem alle Hersteller von Sportwagen profitiert – inzwischen hat sich dieses Segment mit Verkaufspreisen bis zu etwa 1 Million Euro (in Ausnahmefällen auch höher) als feste Größe auf dem Weltmarkt etabliert.
Noch heute lassen sich mit gut erhaltenen, wenig gefahrenen 959 Fahrzeugen außerordentlich hohe Verkaufspreise erzielen. Der 959 hat auch Porsche selbst neue Wege eröffnet. In jedem Jahrzehnt hat Porsche seit dem 959 einen neuen Supersportwagen entwickelt und jedesmal mit großem Erfolg vermarktet (Porsche GT1, Porsche Carrera GT, Porsche 918 Spyder).
Anmerkung in eigener Sache
Als damaliger Vorstands-Assistent durfte ich einen der ersten 959 für 6 Tage fahren – ein außergewöhnliches Erlebnis. Ich war stolz und begeistert. Es waren die einzigen Tage während meiner Porsche Tätigkeit, an denen ich am Nachmittag bereits um 16 Uhr konsequent das Büro verließ – ich wollte den 959 so viel wie nur möglich fahren.. Aber – ich wagte es damals kaum zu sagen – bereits nach 2 Tagen vermißte ich trotz der 450 PS (damals ein Traumwert!) mehr Leistung. Der 959 – das spürte man sofort – war ein echter Supersportwagen, der mit seinem phantastischen Fahrwerk ohne weiteres auch deutlich mehr Leistung vertragen hätte.