Diskussion: Soll ich mir den letzten Sechszylinder-Boxster GTS (981) kaufen?
Sechs Zylinder, keine Turbolader, 3,4 Liter Hubraum, 370 Nm Drehmoment und 330 PS – harte, sportliche Fakten verpackt in einem quirligen und bildschönen, mild-aggressiv dreinschauenden Porsche Boxster GTS der internen und alten Baureihenbetitelung 981. Der stärkste Sechszylinder-Boxster mit Baureihen-eigenem Aggregat wird seit kurzem aufgrund der Nachfolge-Baureihe Porsche 718 nicht mehr gebaut, doch wer noch die Möglichkeit hat, zuzuschlagen, steht unweigerlich vor der Frage, ob der Sechszylinder-Boxer im 981 Cayman und Boxster einmal so viel Wert würde, wie heute der 911 Carrera mit der Typenbezeichnung 993, als Porsche damals von luftgekühlt auf wassergekühlt umstieg.
Den Spekulations-Ansatz einmal außen vor gelassen
Und um den vorangegangenen Spekulations-Ansatz zu entschärfen, stellt sich noch eine weitere Frage: kann der Vierzylinder-Turbomotor in den neuen 718 Modellen so stark überzeugen, dass er die Emotion des Sechszylinders hinter sich lässt?
Das können wir erst beantworten, wenn wir die neue Version selbst gefahren sind. Unsere Kollegen jedenfalls sind begeistert; so umschreibt Autophorie beispielsweise den Sound als neu und ungewohnt, er klinge weiterhin nach Porsche, nur eben vielleicht nicht so, wie viele Porsche kennen.
Und klar muss man nicht so viel ausdrehen. Das Drehmoment liegt bei Turbomotoren schon früh an, so dass man ebenfalls früh hochschalten kann ohne viel Leistung zu verlieren. Die britische AutoExpress stellt heraus, dass der neue Boxster (ohne S) mehr Performance biete, als der auslaufende Boxster S. Da benötigt es nicht viel Denkarbeit um zu folgern, dass der neue Boxster S ziemlich genau auf dem Performance-Niveau des aktuellen Boxster GTS liegen muss (wenn nicht höher).
Also von der Seite der Perfomance scheint das neue Modell dem aktuellen Boxster GTS überlegen. Aber ist Performance alles? Schließlich ist es ja fast immer so, dass das Nachfolgemodell um Längen besser ist, als das Vorgängermodell – beim Porsche 911 der 993-Generation war und ist dies ja genau so. Trotzdem wird der 993 heute als einer der teuersten 911 überhaupt gehandelt.
Das liegt natürlich auch mit an der großen Technik-Umstellung, an seinem unverwechselbarem Sound als auch am Design, das bis heute einfach eine Ikone darstellt.
Was beim 993 gelang gilt auch für den Sechszylinder-Boxster (981)?
Wenn man solch ein Fahrzeug kauft, um damit in ein paar Jahren (oder vielleicht auch Jahrzehnten) ein noch begehrteres zu haben (natürlich wertstabil, im idealen Fall sogar wertsteigernd), muss es auf jeden Fall die Topversion sein. Dass Cayman GT4 und Boxster Spyder mit Carrera-Motorisierung irgendwann wertvoll werden (schon sind), ist so gut wie klar.
Doch ob das auch bei den GTS-Modellen zutrifft? Nehmen wir die drei oben aufgezählten Eigenschaften, die dem 993 zu Ruhm verholfen haben: große Technikumstellung? Ja, von Sechs- auf Vierzylinder. Unverwechselbarer Sound? Ohja. Mit der Sportabgasanlage ist dieser auf jeden Fall unverwechselbar. Das Design einer Ikone? Die schwierigste Beurteilung. Keine Frage – von Vorne trifft er genau das Gesicht eines Porsche Supersportlers; von Hinten ist das Nachfolgemodell etwas breiter und nicht ganz so hoch. Aber Nachfolgemodelle sehen in ihrer Zeit oftmals besser aus, weil sie neu sind. Das kann sich nach ein paar Jahren wieder ändern – eine Ikone erkennt man eben nicht von Beginn an.
Trotzdem bleibt diese Einschätzung schwierig. Denn heute gibt es mehrere Modelle innerhalb eines Unternehmens und viel mehr Modelle verschiedener Hersteller, deren man sich bedienen kann. Außer den High-Performance Sportwagen gibt es wenige Automobile in diesem Preissegment (von rund 80.000 Euro), die schon innerhalb der ersten Jahre rasant an Wert gewinnen.
Zugegebenermaßen dachten wir auch vom Sondermodell Porsche 911 Sport Classic, dass dieses eine überdurchschnittliche Wertsteigerung erfährt. Doch das Gegenteil ist momentan der Fall; vom 911 Speedster ganz zu schweigen – leider!
Wertsteigerung nach ein paar Jahren?
Wertsteigerung hin- oder her. Wir würden uns eigentlich auch kein emotionales Auto kaufen, nur um damit zu spekulieren. Wir wollen nicht warten, sondern fahren. Doch für diejenigen, die dies tun möchten, schätzen wir den Boxster GTS – als auch den Cayman GTS – definitiv als ein vielversprechendes Fahrzeug ein. Auch Walter Röhrl dachte so und sicherte sich einen der letzten.
Schon jetzt stand im Porsche Zentrum in Zuffenhausen kein GTS-Modell der 981-Baureihe länger als drei Tage (falls es überhaupt dort stand und nicht gleich aus dem System heraus verkauft wurde). Und es kommen noch ein paar Werkswagen, die Ende diesen Jahres und spätestens Anfang nächsten Jahres frei werden. Vielleicht dann zuschlagen? Denn es geht nichts über so ein typisches Sechszylinder-Grollen und -knallen beim Zurückschalten, oder?