Sinnfreiheit Deluxe: Elektrifizierung von Oldtimern – eKäfer & Co.
So wie es das Schicksal will fährt beim Erstellen dieses Beitrags an einem sonnigen Tag im eigentlich tristen Januar ein roter VW Käfer an meinem offenen Fenster vorbei. Die Sonnenstrahlen lassen den Lack tief glänzen – das sonore Knattern des Vierzylinders im Heck des automobilen Tausendsassa zaubert allen Anwesenden im Büro ein Lächeln auf die Lippen. Daher fällt es umso schwerer, diese Zeilen zu schreiben. Denn ich muss aufpassen, dass ich mich bei diesem Thema nicht im Ton vergreife.
Mutig, seinen geliebten Schatz auf den salzigen Pisten Mitte Januar fahren zu lassen. Doch eigentlich sollte dies normal sein. Früher war’s das ja auch. Wie auch immer: Ohne diesen typischen „Käfer-Sound“ wäre nicht diese charmante Situation im Büro entstanden, ein fahrendes Stück Zeitgeschichte – noch dazu wertvoll und -stabil – in Aktion zu sehen und sich darüber zu freuen.
Und genau hier sind wir schon beim zentralen Thema: Wertvolle Oldtimer im Originalzustand in ihrer ursprünglichen, zeitgeschichtlichen und damit wertstabilen Form umzurüsten auf eine Mobilitätsform, die überhaupt nichts mit der ursprünglichen Konstruktion zu tun hat? Das ist ein absolutes No-Go. Kann mir einer erzählen was er möchte.
Originale Oldtimer auf E-Antrieb umrüsten?!
Nachvollziehbar für mich sind Nachbauten von Oldtimern, die dann mit einem Elektroantrieb ausgerüstet werden. Meinetwegen. Wer diese Spielerei machen möchte und sonst nicht weiß, wohin mit seinem Geld – in Ordnung.
Die Frage ist nur, warum man so umfangreiche und irreversible technische Änderungen an Originalen anwendet und dabei in Kauf nimmt, dass sie nicht nur einen massiven Wertverlust erleiden, sondern auch ihre mit viel Aufwand erhaltene Originalität komplett verlieren. Ein Oldtimer ohne seinen originalen Antriebsstrang – sein Herz – ist kein richtiger Oldtimer mehr. Ich könnte hier jetzt mehrere Zeilen darüber philosophieren, belasse es aber dabei und hoffe, dass die Kernaussage klar rüberkam.
Nicht nachvollziehbar ist auch, warum genau man so etwas überhaupt macht. Sind die Beweggründe ernsthaft Umweltgedanken? Oder soll es ein Statement darstellen? Für mehr Umweltbewusstsein bei einem Fahrzeugmarkt, der extrem klein ist und dazu noch selten bewegt wird? Und dafür verkauft man die Seelen seiner Schätze? Fragen über Fragen. Und wohl schwer zu beantwortende noch dazu.
Der elektrifizierte Käfer basiert auf dem e-up!
So und jetzt mal ehrlich: Welcher Besitzer eines wunderbaren Käfers will schon sagen müssen, dass in seinem Käfer eigentlich ein gewöhnlicher e-up! steckt? Zumindest der Antriebsstrang eines e-up!. Wie umfangreich diese technischen Anpassungen sind, schreib Volkswagen in seiner Pressemitteilung:
Volkswagen Group Components zeigt gemeinsam mit Partnerfirma eClassics ein ganzheitliches Konzept zur nachträglichen Elektrifizierung historischer Volkswagen Käfer. Für die Umrüstung kommen dabei ausschließlich aufeinander abgestimmte Neuteile aus der Serienfertigung der Volkswagen Group Components zum Einsatz. Die technische Basis für die Umrüstung liefern die erprobten Serienteile des neuen e-up! von Volkswagen. Die Komponenten aus Kassel und Braunschweig bilden im e-Käfer eine antriebstechnische Allianz, bei der der E-Motor in der Leistungsspitze 60 kW / 82 PS erreicht. Das Batteriesystem ist im Wagenboden verbaut und besteht aus bis zu 14 Modulen mit jeweils 2,6 kWh Kapazität. Zusammengenommen liefern die Module der Lithium-Ionen-Batterie einen Energiegehalt von bis zu 36,8 kWh. Die höhere Leistung und das durch die Elektrifizierungsumfänge erhöhte Gewicht bedingen eine Anpassung und Verstärkung von Fahrwerk und Bremsen.
Volkswagen Pressemitteilung
Die Reichweite des umgebauten Elektro-Käfers beträgt übrigens mickrige 200 Kilometer – im WLTP Fahrzyklus. Bedeutet für die Realität eher 150 Kilometer. Nein danke!