Steer-by-Wire-Lenkung im Motorsport – bald auch auf der Straße?
Zum ersten Mal in Berührung mit einer Steer-by-Wire-Lenkung kam ich bei Infiniti: Der Q50 also auch der Q60 hatten beide diese technologische Lösung. Aber eine per Kabel statt per Stange verbaute Lenkung ist in Europa in Fahrzeugen aus Sicherheitsaspekten immer noch nicht erlaubt. Deswegen musste bei Infiniti ein Parallelsystem über die Stange immer installiert sein. Doch die Versuche gehen weiter: Zwei Rennfahrer – David Schumacher und Carrie Schreiner – testeten zum ersten Mal eine während der Fahrt parametrisierbare Steer-by-Wire-Lenkung im Rahmen des Saisonfinales der GTC Race auf dem Hockenheimring. Und auch auf der Straße testet der Zulieferer Schäffler Paravan weitere Straßen-Technologieträger mit Steer-by-Wire Anwendungen. Doch wo genau liegen die Vorteile?
“Synthetische” Lenkung – hat das Vorteile?
Bei den Infiniti-Fahrzeugen hatte ich tatsächlich eine kritische Meinung zu der Lenkung, denn sie fühlte sich oftmals “glattgebügelt” an. Feedback fehlte in einigen Situationen und das Gefühl war oftmals ein “synthetisches”. Ob das an der Steer-by-wire-Lenkung lag oder allgemein an der Lenk- und Fahrwerkseinstellung – ich kann es heute nicht mehr mit Sicherheit sagen. Und ich konnte schon damals die Vorteile für eine ganz auf eine mechanische Verbindung zwischen Lenkeinheit und Lenkgetriebe verzichtende Technologie nicht wirklich sehen.
Doch nähern wir uns dem Thema einmal an: Kurbeln am Lenkrad nervt, egal ob es ums Einparken geht, um eine Spitzkehre auf einem Alpenpass oder eben auch auf der Rennstrecke. Hier gibt es zwar bei vielen Herstellern aber einer bestimmten Fahrzeugklasse eine geschwindigkeitsabhängige Lenkung, sodass die Lenkeinschläge mit zunehmender Geschwindigkeit kleiner und feiner werden, aber laut Schäffler Paravan soll eine Steer-by-Wire Lenkung noch mehr Vorteile haben: Bei einer elektronischen Lenkung lassen sich die Lenkwinkel flexibel wählen und künftig sogar geschwindigkeitsabhängig einstellen. Das heißt, bei großen Lenkeinschlägen kann die Lenkübersetzung der Kurve angepasst werden. Somit muss der Fahrer, beispielsweise beim Passieren der Spitzkehre auf dem Hockenheimring, am Lenkrad nicht mehr umgreifen oder die Arme kreuzen.
All das geht bei einer geschwindigkeitsabhängigen Lenkung eigentlich auch, deswegen ist selbst mir noch nicht so klar, warum man eine Steer-by-Wire-Lenkung überhaupt braucht.
Technische Funktion der Steer-by-Wire-Lenkung
„Das parametrisierbare Lenken jetzt zum Saisonende auf der Rennstrecke zu erproben ist ein wichtiger Meilenstein für unsere Entwicklung“, sagt Roland Arnold, CEO der Schaeffler Paravan Technologie GmbH & Co, der das – weltweit einzige strassenzugelassene – Drive-by-Wire-System aus der Behindertenmobilität heraus entwickelt hat.
Erste Tests mit der parametrisierbaren Lenkung fanden im Rahmen des GTC Race am Hockenheimring statt. Die beiden Rennfahrer David Schuhmacher und Carrie Schreiner testeten die Lenkung zum ersten Mal im Renn- sowie auch im Straßenfahrzeug.
Bei dem System sind immer zwei Komponenten verbaut, eine Feedback-Einheit, die das Gefühl am Lenkrad erzeugt und einmal der Lenkaktuator, der die Räder bewegt. Alle Parameter, die diese beiden Komponenten steuern, können individuell während der Fahrt verändert werden. Im Rennsport gibt es viele enge Kurven, wo die Fahrer noch umgreifen müssen, oder wo eine gewisse Geschwindigkeit beim Lenken wichtig ist. Das erzeugt mehr Stress für den Fahrer und mehr Arbeit am Lenkrad.
Durch die Änderung der Lenkübersetzung kann der Fahrer selbst definieren, wie weit der Lenkwinkel, also das Verhältnis zwischen dem Einschlag des Lenkrads und der Lenkräder geändert werden kann. Künftig können dann auch geschwindigkeitsabhängige Lenkmodelle hinterlegt werden, die je nach gewähltem Fahrzweck in Echtzeit auf die Bedürfnisse des Fahrers und die Beschaffenheit der Strecke reagieren könnten.
Dann auch Vorteile auf der Straße
Auf der Straße kann man dann beispielsweise beim Einparken mit kleinen Lenkbewegungen das Auto ganz komfortabel in die Lücke manövrieren. Wenn man das Lenkverhältnis verstellen kann, reicht bereits eine viel kleinere Lenkbewegung aus, um den gewünschten Lenkeinschlag zu erzeugen.
Aber ist das wirklich eine technologische Lösung, die wir unbedingt brauchen? Wir bleiben an dem Thema dran.